"An Impfterminen wird's nicht scheitern!"
Mehr als 70.000 Menschen in Oberösterreich haben am 1. Februar festgestellt, dass ihr Impfzertifikat nicht mehr gültig ist. Damit bleiben ihnen viele Türen verschlossen – etwa in Handel und Gastronomie, aber auch teilweise bei Besuchen von Angehörigen und Freunden im Spital oder Alten- und Pflegeheimen. Landes-Impfkoordinator Gerhard Durstberger rät dringend, die Boosterimpfung nachzuholen. Dafür stehen allein in den nächsten vier Wochen fast 300.000 freie Termine zur Verfügung.
Warum sind ausgerechnet am 1. Februar so viele Grüne Pässe ausgelaufen?
Gerhard Durstberger: Das Gesundheitsministerium hat angekündigt, die Gültigkeit der ersten Impfserie von 270 auf 180 Tage im Grünen Pass zu verkürzen. Das gilt demnach für alle Personen ab dem 18. Lebensjahr, die nur zwei Impfungen erhalten haben, sowie für Genesene mit bloß einer Impfung. In Oberösterreich betrifft diese Verordnung rund 70.000 Menschen. Dazu kommen rund 3.000 Zwölf- bis 17-Jährige, bei denen die Gültigkeit des Impfzertifikates von 270 auf 210 Tage verkürzt wird. Die Umsetzung dieser Maßnahme erfolgt automatisch im Grünen Pass und jene Personen, die kein gültiges Impfzertifikat haben, gelten ab 1. Februar so lange als ungeimpft, bis sie die notwendige Auffrischungsimpfung erhalten haben.
Was heißt das für die Betroffenen?
Dass sie überall dort, wo die 2G-Regel gilt, keinen Zutritt mehr haben, also derzeit noch zum Beispiel im Gasthaus, bei Kulturveranstaltungen und in vielen Geschäften. Sie müssen sich für die Arbeit testen lassen, weil am Arbeitsplatz 3G gilt und sie ja das G für „geimpft“ verloren haben. Auch Reisen in das Ausland in dieser Zeit können mit sehr großen Schwierigkeiten und Problemen verbunden sein. Nicht zuletzt können sie – mit ganz wenigen Ausnahmen wie im Palliativ- und Geburtsbereich laut geltender Verordnung – keine Spitalsbesuche und Besuche von Angehörigen in Altenheimen mehr machen, weil dafür 2G-Plus erforderlich ist, also Genesung oder Impfung plus PCR-Test. Eine strenge Regelung, die in diesem sensiblen Bereich aber nachvollziehbar ist, um Patientinnen, Patienten, Bewohner und Bewohnerinnen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schützen.
Wurden die Betroffenen ausreichend darüber informiert, dass ihr Impfzertifikat nun sozusagen über Nacht nicht mehr gültig ist?
Die Impfkoordinatoren und Impfkoordinatorinnen der Bundesländer haben schon im Dezember beim Bund angeregt, dass es rechtzeitig vor dem Ablauf eine Erinnerungsfunktion in der Grünen-Pass-App oder ein Erinnerungsschreiben geben sollte. Man hat uns versichert, dass so etwas zeitgerecht zur Verfügung stehen wird. Leider steht das App-System mit einer automatischen Push-Up-Funktion beim Öffnen der App für alle wahrscheinlich erst ein paar Tage vor dem Inkrafttreten zur Verfügung. Da haben wir wertvolle Zeit verloren und das ist nicht bürgerorientiert. Und das haben wir auch deutlich artikuliert.
Wie kommen die plötzlich Ungeimpften wieder zu einem gültigen Impfzertifikat, und wie lange wird das dauern?
Die einzige Möglichkeit ist, sich möglichst rasch zum dritten Mal impfen zu lassen, beziehungsweise zum zweiten Mal bei Genesenen. Nach dem Booster wird das Zertifikat beziehungsweise der Grüne Pass automatisch spätestens nach ein paar Tagen wieder aktuell und gültig sein, nach derzeitigem Stand für 270 Tage, also knapp neun Monate. An den Impfterminen wird es nicht scheitern, sich den Booster zu holen: Allein in den kommenden vier Wochen stehen den Oberösterreichern und Oberösterreicherinnen rund 300.000 Termine zur Verfügung.
"Die einzige Möglichkeit ist, sich möglichst rasch zum dritten Mal impfen zu lassen, beziehungsweise zum zweiten Mal bei Genesenen."
Am 1. Februar trat ja auch die Impfpflicht für alle ab 18 in Kraft. Was kommt da auf Sie zu?
Das Covid-19-Impfpflichtgesetz wurde bereits beschlossen. Die zugehörigen Verordnungen, die unter anderem auch die Ausnahmegründe näher festlegen sollen, wurden uns vom zuständigen Gesundheitsministerium leider noch nicht vorgelegt. Mit der Vollziehung und der organisatorischen Abwicklung wurden die Länder beziehungsweise Bezirksverwaltungsbehörden beauftragt. Das ist – salopp formuliert – ein durchaus sportliches Unterfangen, aber im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung müssen wir diese Aufgabe vollziehen. Wir treffen natürlich die entsprechenden Vorbereitungen. Wir hätten uns ein zentrales, österreichweit einheitliches IT-Abwicklungssystem gewünscht, doch das wird entgegen ursprünglichen Ankündigungen leider nicht vom Bund zur Verfügung gestellt.
Wie wird über die Impfpflicht informiert?
Der Bund wird dazu ein breites Angebot an Information zur Verfügung stellen. Schon jetzt finden sich auf der Online-Plattform „Oberösterreich impft“ viele Informationen, auch fremdsprachige, sowie Aufklärungsvideos zu zahlreichen Fragen rund um das Thema Impfen. Gemeinsam mit der Ärztekammer konnten rund 90 Mediziner und Medizinerinnen als Impfaufklärungsärzte beziehungsweise -ärztinnen gewonnen werden. Sie können zum Beispiel von Institutionen oder Vereinen im Wege der jeweiligen Gemeinden für Vorträge angefordert werden, wobei die Kosten das Land Oberösterreich vorfinanziert. Überzeugte Impfgegner und Impfgegnerinnen werden wir auch damit kaum gewinnen, aber vielleicht doch manche, die noch unschlüssig sind. Wir wollen informieren und aufklären, denn die Impfung ist die Maßnahme, um dem angestrebten Ziel, möglichst bald zu einer Normalität für alle zurückzufinden, ein Stück näher zu kommen.
Wann wird man sich in Oberösterreich mit dem Impfstoff von Novavax impfen lassen können?
Wenn alles wie vom Bund angekündigt läuft, wird das ab Ende Februar oder Anfang März in den öffentlichen Impfstraßen des Landes OÖ. möglich sein. Schon jetzt gibt es online auf ooe-impft.at eine Vormerkliste, rund 4000 Personen haben sich bereits eintragen lassen. Wie viele Impfdosen vom Präparat von Novavax konkret für Oberösterreich zur Verfügung stehen werden, steht noch nicht fest. Bisher erfolgte die Aufteilung der Impfstoffe innerhalb Österreichs immer entsprechend dem Bevölkerungsanteil. Ich gehe auch diesmal davon aus, dass Oberösterreich knapp 17 Prozent der Gesamtmenge erhalten wird. Ich weise aber schon darauf hin, dass eine zeitnahe Impfung auch jetzt wichtig und es aus medizinischer Sicht nicht empfohlen ist, auf den Impfstoff von Novavax zu warten.
Wie viele Kinder und Jugendliche sind inzwischen gegen COVID-19 geimpft?
Bei den Fünf- bis Elfjährigen sind es aktuell 16,7 Prozent, bei den Zwölf- bis 14-Jährigen 44,6 Prozent. Da ist also noch viel Luft nach oben, zumal Experten und Expertinnen betonen, dass die Impfung auch Kinder vor schweren Verläufen schützt und grundsätzlich gut vertragen wird.
"Experten und Expertinnen betonen, dass die Impfung auch Kinder vor schweren Verläufen schützt und grundsätzlich gut vertragen wird."
Wann wird für die breite Bevölkerung der vierte Stich kommen?
Das Nationale Impfgremium beobachtet die Situation, hat aber hinsichtlich der vierten Dosis noch keine generellen Empfehlungen abgegeben. Im Einzelfall kann es unter Umständen (medizinische) Gründe für einen vierten Stich geben. Für die breite Bevölkerung liegt derzeit aber keine Empfehlung des Impfgremiums vor.
Interview: Josef Haslinger; Foto: depositphoto.com

Gerhard Durstberger, Dipl. KH-BW
Impfkoordinator des Landes Oberösterreich
Durstberger, 54, aus Wilhering leitet die Stabsstelle Gesundheitsmanagement in der Abteilung Gesundheit beim Amt der oö. Landesregierung. Seit März 2020 ist er im Krisenstab des Landes, seit Juli 2021 Impfkoordinator des Landes Oberösterreich.