Die Gesundheitswirtschaft sichert Zukunft
Mit einer Wertschöpfung von zwei Milliarden Euro sind die österreichischen Ordensspitäler eine massive und konjunkturunabhängige Säule der Wirtschaft. In der Corona-Krise zeigt sich das verstärkt. Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Angelika Sery-Froschauer: „In Oberösterreich sind um die 50 Prozent unserer 100.000 Betriebe direkt oder indirekt mit der Gesundheit verbunden.“
So schnell kann es gehen. Am 4. März saß Angelika Sery-Froschauer, Vizepräsidentin der oberösterreichischen Wirtschaftskammer, noch am Podium in den Räumen der Hypo Oberösterreich und diskutierte inmitten einer hochkarätigen Expertenrunde die Ergebnisse einer Studie, die die Österreichischen Ordensspitäler zur Analyse der Wertschöpfung der Ordensspitäler in Auftrag gegeben hatten. Die Studie „Ökonomischer Impact der Ordensspitäler 2018“ wurde von der CBSC Unternehmensberatung GmbH erstellt und im Herbst 2019 präsentiert. Die Kernaussage: Mit einer Wertschöpfung von insgesamt 2,04 Milliarden Euro ist diese enorm! Und die Perspektiven, die sich daraus ergeben, sind ein hochrelevantes Thema. Relevanter denn je.
Denn nur eine Woche nach der Diskussionsveranstaltung hatte das Coronavirus große Teile der Wirtschaft massiv ins Rutschen gebracht. Wie so viele sei auch sie fassungslos, räumt Sery-Froschauer im Gespräch mit INGO ein. „Man weiß im Augenblick einfach nicht, wie es weitergeht“, sagt die energische Leondingerin, die auch Eigentümerin einer Werbeagentur mit 25 Angestellten ist. „Aber was man klar sieht, ist, welche herausragende Säule das Gesundheitswesen sogar in einer solch schweren Zeit ist. Zum einen in seiner eigentlichen Funktion, nämlich die Menschen medizinisch auf jeden Fall bestmöglich zu versorgen; zum anderen aber eben auch als wirtschaftlicher Faktor, der nach wie vor läuft und auch in Zukunft laufen wird. Das ist ungemein wichtig für Österreich.“
Gesundheit als Beschäftigungsmotor
Arbeitsplätze im Gesundheitswesen seien unabhängig von der Konjunktur, führt Sery-Froschauer aus. Das habe sich schon bei der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gezeigt. „Medizinisches Personal wird immer gebraucht, egal wie die Wirtschaftslage ist.“ Natürlich sei auch die demografische Entwicklung ein starker Treiber. „Schon dadurch, dass wir eine alternde und zugleich gesundheitsbewusste Gesellschaft sind, steigen die Nachfrage und der Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen stetig an.“ Zudem könne man aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts heute immer komplexere Krankheitsbilder behandeln.
Dass neben dem Kernbereich der Gesundheitsdienstleistung – den niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern – auch vielfältige mit diesen verwobene Gesundheitsberufe am Markt agieren, mache die Wertschöpfungskette so groß. „In Oberösterreich sind um die 50 Prozent unserer 100.000 Betriebe direkt oder indirekt mit der Gesundheit verbunden“, erklärt die Vizepräsidentin. „Dieser erweiterte Gesundheitssektor reicht von den Optikern über die Medizinproduktehändler und -hersteller bis hin zu den Bandagisten, Krankentransporteuren oder Zahntechnikern.“ Beide Bereiche zusammen seien stabile Arbeitgeber, die bedeutende Steuer-, Kaufkraft- und Wertschöpfungseffekte generieren. „Zahlreiche Experten sehen in der Gesundheitswirtschaft einen der bestimmenden Wertschöpfungsfaktoren der nächsten Jahrzehnte.“
„Zahlreiche Experten sehen in der Gesundheitswirtschaft einen der bestimmenden Wertschöpfungsfaktoren der nächsten Jahrzehnte.“
Die Studie der Vinzenz Gruppe konzentrierte sich auf die regionalökonomischen Effekte ihrer Spitäler in den verschiedenen Bundesländern. So stellen die 23 in der Analyse erfassten Ordensspitäler in Österreich knapp 24.000 Arbeitsplätze bereit. In der Vorleistungskette – dazu zählen Zulieferer wie etwa beauftragte Elektrounternehmen oder medizinische Ausstatter – resultieren daraus gut 10.300 Jobs, weitere 14.600 kommen durch Kaufkrafteffekte aufgrund des Konsums all dieser Arbeitnehmer hinzu. Schließlich ergibt sich unter Berücksichtigung aller Folgeeffekte ein gesamter Beschäftigungseffekt von etwa 48.800 Arbeitsplätzen.
Wachstumsimpuls für die regionale Entwicklung
„Diese Jobs sind für unsere Volkswirtschaft generell sehr wichtig“, bekräftigt Sery-Froschauer. „Und aus aktuellem Anlass könnte man sogar hinzufügen, dass es gerade in schwierigen Zeiten Systeme braucht, die das wirtschaftliche Leben in irgendeiner Form am Laufen halten.“ Dass derzeit aufgrund von Engpässen und Knappheiten wie etwa bei den medizinischen Gesichtsmasken auch Betriebe aus anderen Sparten in entsprechende Produktionen oder bei dringenden internationalen Nachschublieferungen eingebunden seien, unterstreiche die allumfassende Bedeutung der Gesundheit noch zusätzlich.
Tatsächlich schafften die gemeinnützigen Ordensspitäler im Studienzeitraum fast die dreifache direkte Beschäftigung und die doppelte direkte Wertschöpfung wie die Textilindustrie sowie 192 Prozent mehr Beschäftigung und 34 Prozent mehr direkte Wertschöpfung als die Luftfahrt. Die Wertschöpfung der Ordensspitäler erwies sich als vergleichbar mit jener der gesamten wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung in Österreich. Allerdings schaffen die Ordensspitäler etwa 2,4-mal so viele direkte Arbeitsplätze.
Krisensichere Spitzenmedizin ist gefragt
„Im Spitalsbereich müssen wir jetzt und in Zukunft eine State-of-the-Art-Ausstattung gewährleisten und brauchen die besten Mitarbeiter. Diese weiterhin anzuziehen ist ein Gebot der Stunde“, betont Sery-Froschauer. „Wir bezeichnen ja unsere hochqualifizierten medizinischen Arbeitskräfte in unserer etwas nüchternen Wirtschaftssprache nicht umsonst als wichtiges Humankapital für die Region.“ Doch wie auch immer man es ausdrücke, die Ordensspitäler seien jedenfalls mit ihren Spitzenmedizinern und ihrem erstklassigen Krankenpflegepersonal hervorragend aufgestellt. Mit ihnen verknüpft seien außerdem bedeutende Infrastrukturen und Ausbildungsmöglichkeiten. „Das gibt der Bevölkerung Sicherheit und macht sie für uns Unternehmer zu einem verlässlichen und effizienten Partner, der darüber hinaus sehr vorausschauend und innovationsbewusst agiert.“
Mit den oberösterreichischen Zahlen aus der Studie – einer Wertschöpfungsquote von insgesamt knapp 709 Millionen Euro und inklusive Vorleistungskette und Kaufkrafteffekten einem Gesamt-Beschäftigungseffekt von 23.000 Jobs – ist die Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin sehr zufrieden. Dass sie aber kein reiner Zahlenmensch ist, zeigt sich am Ende des Gesprächs mit INGO: „Ich bin tief beeindruckt, welche Herkuleskräfte unsere medizinischen Belegschaften in dieser furchtbaren Corona-Krise entfalten und welche unglaublichen Leistungen sie unter so großem persönlichen Einsatz erbringen - ich danke ihnen allen von Herzen“, sagt sie. „Dieses Danke ist mir wirklich ein großes Anliegen!“
Text: Uschi Sorz; Bilder: Starmayr, depositphotos.com

Angelika Sery-Froschauer, KR Mag.
Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich
Sery-Froschauer ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich und Inhaberin der Sery Brand Communications GmbH in Leonding/OÖ und der Sery Brand Evolutions GmbH in München.