Mobile Notfallsonografie im Einsatz
In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Sonographie zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der Akutmedizin entwickelt. Dank kontinuierlicher technischer Verbesserungen, insbesondere bei tragbaren Geräten, können Notfallmediziner*innen die Ultraschall-Bildgebung unmittelbar am Einsatzort zur Diagnostik anwenden und binnen Sekunden lebensrettende Therapieentscheidungen treffen, sagt Lukas Kirchmair.
Moderne Notfall-Ultraschallgeräte sind kompakt, robust und flexibel einsetzbar. „In unseren Rettungshubschraubern verwenden wir bereits seit einigen Jahren mobile Hightech-Sonden, die an Bildschirme in Tablet-Größe angeschlossen werden“, sagt Prim. Priv.-Doz. Dr. Lukas Kirchmair, der die Anästhesie und Intensivmedizin am BKH Schwaz leitet und als leitender Flugrettungsarzt am ÖAMTC Christophorus 4 tätig ist. Die erweiterten diagnostischen Möglichkeiten erhöhen schon vor Ort die Chance, von Anfang an die richtigen therapeutischen Maßnahmen einzuleiten.
„Vor allem bei Einsätzen in alpinem Gelände verschafft uns die präklinische Notfallsonografie schnell einen Überblick über den Zustand der Patient*innen.“ Bei schwerwiegenden Verletzungen wie inneren Blutungen im Bauchraum, die sonographisch als „freie Flüssigkeit“ erkannt werden, sei eine schnelle Diagnose entscheidend für das Überleben und die Wahl des geeigneten Ziel-Krankenhauses. Auch Blut- oder Luftansammlungen in der Brusthöhle lassen sich per Sonographie rasch feststellen. „Besonders wertvoll ist die Sonographie bei unklaren Befunden, bei denen viele mögliche Diagnosen in Betracht kommen“, betont Kirchmair.
Wenn jede Minute zählt
Durch diese technischen Fortschritte hat sich die präklinische Notfallsonographie zu einem unverzichtbaren Diagnoseinstrument entwickelt. Sie ermöglicht es, akutmedizinische Krankheitsbilder frühzeitig zu erkennen oder auszuschließen, was insbesondere bei Traumapatient*innen das Management und die Behandlung deutlich verbessert. „Mit nur etwa 400 Gramm Gewicht ist das Gerät recht handlich und liefert dennoch eine exzellente Bildqualität“, erklärt Kirchmair. „Das ist in der Flugrettung äußerst hilfreich, da wir so schnell eine erste Diagnose stellen und diese bereits während des Transports an das Krankenhaus übermitteln können.“ Wichtige Vorbereitungen im Ziel-Krankenhaus wie das Freihalten eines OP-Saals oder die Alarmierung eines Chirurgen können rechtzeitig erfolgen. Die mobile Sonografie verbessert so die Qualität der präklinischen Patient*innenversorgung erheblich, weil Behandlungsstrategie und Einsatztaktik angepasst werden können. Darüber hinaus bietet die präklinische Sonografie die Möglichkeit ultraschallgezielte Nervenblockaden zur Akut-Schmerztherapie durchführen zu können, was das Einsatzspektrum enorm erweitert. Ebenso kann die Sonografie von großem Nutzen bei der Anlage von intravenösen Zugängen sein.
Fundierte Ausbildung
Die präklinische Regionalanästhesie ist sicher durchführbar und stellt in bestimmten Fällen die effizienteste Schmerztherapie dar. Sie ermöglicht eine gezielte, schnelle Schmerzlinderung – besonders in komplexen Notfallsituationen. Um die Sonografie optimal nutzen zu können, ist eine umfassende Ausbildung der Notfallmediziner*innen unerlässlich. „Mittlerweile ist sie ein fester Bestandteil der Grundausbildung“, erklärt Kirchmair. Notärzt*innen müssen ein breites Spektrum an sonografischen Untersuchungsmethoden beherrschen. Mit der Anwendung ultraschallgestützter Nervenblockaden in der Notfallmedizin komme ein weiterer Baustein hinzu. „Diese Techniken gehören zur Facharztausbildung in Anästhesie und Intensivmedizin, und Anästhesist*innen im Notarztdienst sollten diese Fähigkeiten selbstverständlich mitbringen“, betont Kirchmair.
Text: Rosi Dorudi
Foto: Kirchmair