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Gesundheit
Oberösterreich
14.05.2020

Kinderärzte dringend gesucht!

Drei Kassenstellen für Kinder- und Jugendheilkunde im oberösterreichischen Zentralraum sind derzeit nicht besetzt. Der anstehende Generationswechsel wird das Problem in den nächsten Jahren verschärfen. Abhilfe schaffen sollen neue Vertrags- und Kooperationsmodelle und ein attraktiveres Image der niedergelassenen Pädiatrie.

Von freiem Zugang zu kinderärztlicher Versorgung kann in manchen Regionen Österreichs nicht mehr die Rede sein: In Niederösterreich etwa ist jede dritte Kassenstelle dieses Fachbereichs unbesetzt, ohne dass es dafür auch nur eine einzige Bewerbung gäbe. So dramatisch ist der Mangel in Oberösterreich nicht, doch auch hier sind aktuell bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) drei der insgesamt 38,5 Planstellen für Kinder- und Jugendheilkunde vakant. Betroffen sind Linz, Enns und Traun. 37 weitere Pädiaterinnen und Pädiater waren im Vorjahr als Wahlärzte tätig, einige davon aber nur in geringem Umfang, etwa neben ihrem Job im Krankenhaus.

Mit einem Durchschnittsalter von rund 49 Jahren sind Oberösterreichs Kinderfachärzte jünger als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Regionen, wo bis zu zwei Drittel über 55 sind. Doch auch hier werden sich durch Pensionierungen in den kommenden Jahren neue Lücken auftun. Aus der Ausbildung kommen schon seit Jahren nicht genügend Pädiaterinnen und Pädiater nach, um diese Abgänge vollständig zu ersetzen.

„Jede unbesetzte Stelle tut uns weh“

„Wir nehmen das sehr ernst, denn jede unbesetzte Stelle tut uns weh“, versichert Gregor Smejkal von der ÖGK. Gerade wenn kleine Kinder erkranken, seien die Sorgen der Eltern verständlicherweise groß. Zwar seien auch Allgemeinmediziner sehr gute Anlaufstellen für junge Menschen bis 18, und fast alle böten auch Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen an. Doch vor allem bei Babys oder Kindern mit speziellen Krankheitsbildern sei eine lückenlose fachärztliche Versorgung unabdingbar.

Dass es am Geld liegt, also an den gegenüber anderen Fachärzten niedrigeren Honoraren, will der ÖGK-Sprecher nicht gelten lassen: Im bundesweiten Vergleich seien die Honorare für Kinderärzte in Oberösterreich am zweithöchsten, und sie seien in den vergangenen sechs Jahren überdurchschnittlich (um knapp 28 Prozent) erhöht worden. Tatsächlich sieht auch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) in höherer Bezahlung keine Patentlösung, auch wenn zum Beispiel die Anhebung der seit 1994 nicht angepassten Mutter-Kind-Pass-Honorare nötig sei. Gerade für jüngere Kinderfachärztinnen und Kinderfachärzte gehe es aber besonders um Änderungen und Flexibilisierungen im System.

Weniger Bürokratie, mehr Kooperation

Was damit gemeint ist, konkretisiert die ÖGKJ in einem Zehn-Punkte-Programm. Gefordert werden darin unter anderem verbesserte Kooperationsmöglichkeiten zwischen niedergelassener und Spitalspädiatrie, ein Starter- oder Versorgungsbonus für mangelversorgte Gebiete, die Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten an nicht-ärztliches medizinisches Personal zu übertragen, weniger Bürokratie und familienfreundliche Teilzeit-Optionen.

Der Kassenvertrag ermögliche schon jetzt neben der Einzelpraxis vielfältige und flexible Kooperationen, entgegnet die ÖGK: „Teamarbeit, Teilzeit und fachliche Schwerpunkte lassen sich sehr gut verwirklichen.“ So könnten etwa bis zu drei Kinderärzte eine Gruppenpraxis für eine Kassenstelle gründen. Auch die Arbeit in einer Primärversorgungseinheit sei möglich. „Wer noch keine eigene Praxis gründen möchte, findet mit der erweiterten Vertretung und der Anstellung die richtigen Möglichkeiten“, so Smejkal. Die ÖGK sei auch offen für neue Kooperationsmodelle mit Ärzten, die neben ihrer Spitalstätigkeit nicht als Wahlarzt, sondern im Kassensystem arbeiten möchten.

Die Kinderheilkunde-Fachgesellschaft spricht sich auch für die Möglichkeit einer bis zu zwölfmonatigen Lehrpraxis aus, die öffentlich (ko)finanziert werden sollte. Dadurch könnten mehr junge Medizinerinnen und Mediziner die pädiatrische Praxis kennen- und im Idealfall auch schätzen lernen. So ließen sich Image und Attraktivität der niedergelassenen Pädiatrie verbessern, ebenso durch die Vergabe von Stipendien.

Akutbehandlung binnen 24 Stunden

Mit welchen Wartezeiten müssen junge Patienten und deren Eltern derzeit bei Oberösterreichs Kinderärztinnen und Kinderärzten rechnen? „Wir haben von all unseren Vertragsärzten die Zusage, dass akute Beschwerden sofort bzw. innerhalb von 24 Stunden behandelt werden“, heißt es bei der Gesundheitskasse. Planbare Termine, zum Beispiel für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, müssten rechtzeitig vereinbart werden. Sollte es dabei zu Problemen kommen oder Kinderärzte keine neuen Patienten mehr aufnehmen, rät ÖGK-Sprecher Smejkal, die Terminservicestelle der Ärztekammer für Oberösterreich zu informieren. Dort habe man auch den Überblick über die regionale Situation bei Wartezeiten.

Wo Kassenstellen unbesetzt sind, schließt die ÖGK zur Überbrückung Sondervereinbarungen mit umliegenden Ärztinnen und Ärzten. Medizinerinnen und Mediziner werden auch aktiv kontaktiert, um sie für die Übernahme der ausgeschriebenen Stellen zu interessieren; diese Suche wurde punktuell schon auf das angrenzende Ausland ausgeweitet. Nicht zuletzt soll eine Kooperation mit dem Kepler Universitätsklinikum für zusätzliche kinderfachärztliche Ressourcen geschaffen werden. Das alles erfolge in engem Kontakt mit der Ärztekammer, so Gregor Smejkal: „Wir können dieses Problem nur gemeinsam lösen!“

Text: Josef Haslinger; Bild: depositphotos.com

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