„Empathie ist das Kernstück einer guten Führung“
Seit Anfang September hat das Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien mit Mag.a Michaela Latzelsberger eine neue Geschäftsführerin. Im Interview mit INGO spricht sie über die Bedeutung einer funktionierenden Wertekultur, den rasanten Fortschritt der Digitalisierung und ihre Pläne für die Zukunft.
Vor Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin des Göttlichen Heiland Krankenhauses waren Sie bei großen Unternehmen im Gesundheitsbereich tätig. Inwiefern unterstützen Sie diese Erfahrungen bei Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Michaela Latzelsberger: Durch meine Tätigkeit in den vergangenen dreieinhalb Jahren in der DACH-Region als CEO bei Philips habe ich ein grundlegendes Verständnis von den verschiedenen Gesundheitssystemen in Europa erhalten. Ich kann dadurch auch ganz gut herausfordernde Situationen einschätzen, kenne effizienzsteigernde Konzepte und weiß, wie Gesundheitsbudgets entstehen. Punkte, die meines Erachtens eine gute Ergänzung zu meiner jetzigen Tätigkeit bilden.
Wie sind denn die Gesundheitssysteme, die Sie kennengelernt haben, im Vergleich zu unserem in Österreich?
Die Krankenversicherungssysteme sind vergleichsweise sehr unterschiedlich, die Problemstellungen mit immer teurer werdenden Gesundheitssystemen, Personal- und Fachkräftemangel ziehen sich jedoch durch ganz Europa.
"Wir möchten Auszubildende für alle Facetten des Pflegeberufs begeistern!"
Wie stark ist das Krankenhaus Göttlicher Heiland davon betroffen und wie begegnen Sie dieser Problematik?
Natürlich sind wir auch vom Personal- und Fachkräftemangel betroffen. Prekär ist die Situation bei uns aber noch nicht. Wir haben das Gefühl, dass die Wertekultur, die wir hier pflegen, und die zusätzlichen Leistungen, die wir unseren Mitarbeiter*innen bieten, unsere Attraktivität als Arbeitgeber steigert. Um dem Fachkräftemangel aber aktiv entgegenzusteuern, gilt es schon bei der Ausbildung frühzeitig die Möglichkeit zu bieten, den Krankenhausalltag aktiv mitzuerleben. Wir bieten beispielsweise in der Pflege ein Programm an, dass jungen Auszubildenden die Gelegenheit gibt, einmal eine Station zu leiten, um sie für alle Facetten des Pflegeberufs zu begeistern.
Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsrezept einer guten Zusammenarbeit von Geschäftsleitung und Mitarbeitenden?
Für mich ist die Basis, stets eine klare und transparente Kommunikation zu führen, vor allem in den Bereichen der Zielsetzung und Umsetzung unserer Strategien und der Wertekultur. Ganz besonders wichtig für mich ist, Mitarbeitende für ihre Arbeit wertzuschätzen und sie für herausragende Leistungen zu würdigen.
Unterscheidet sich Ihr Führungsstil von dem Ihrer männlichen Kollegen?
Obwohl ich mich viel im Bereich Diversität engagiere, konnte ich beim Führungsstil keine markanten Unterschiede ausmachen. Ich denke, letztlich ist Empathie das Kernstück einer guten Führung und das ist meines Erachtens ein Persönlichkeitsmerkmal und nichts Geschlechterspezifisches.
"Wir wollen Chancengleichheit für alle Beteiligten, ohne dabei Alter, Geschlecht, Herkunft, Kultur oder Umfeld zu betrachten."
Welche Bedeutung haben die Begriffe Nachhaltigkeit und Diversität im betrieblichen Alltag der Klinik?
Natürlich spielt der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen eine wichtige Rolle in unserem betrieblichen Alltag. Zur Nachhaltigkeit zähle ich aber auch die Ressource Mensch, bei der es genauso gilt, nachhaltig und wertschätzend damit umzugehen – gerade in Zeiten von Überlastung des Personals im Gesundheitssystem. Das Thema Diversität ist - wie bereits angedeutet - ein Herzensthema von mir. Hier geht es darum, eine Chancengleichheit für alle Beteiligten zu entwickeln, ohne dabei Alter, Geschlecht, Herkunft, Kultur oder Umfeld zu betrachten. Das ist eine große Herausforderung, aber durchaus umsetzbar.
Welche Rolle wird die KI zukünftig im Gesundheitswesen spielen?
Der Umgang mit digitalen Techniken wird zukünftig in allen Bereichen des Gesundheitswesens eine wesentliche Rolle spielen – angefangen bei der digitalen Fernüberwachung von Patient*innen bis zu einer KI-unterstützen Bildanalyse für Radiologen zur schnelleren Diagnose und Therapieentscheidung. Wir werden riesige Datenmengen generieren, die wir nutzen können, um effizient Entscheidungen zu treffen, Therapien zu individualisieren oder Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Dazu benötigen wir versiertes Personal, das mit der neuen Technologie umzugehen versteht.
Was werden Ihre zentralen Aufgaben in den kommenden Monaten sein?
Ich bin gerade aktiv dabei, meine Teams und Abteilungen kennenzulernen. Ein weiterer Punkt ist die Umsetzung unserer Strategie 2025 und unseres Fachkliniken-Konzepts. Großes Thema ist hier auch die Digitalisierung. Wir sind gerade im Roll-out einer neuen kostenlosen App namens „Hallo Gesundheit“, mit der Patient*innen online Termine vereinbaren, digitale Sprechstunden besuchen und Befunde einsehen können. Die Funktionen werden schrittweise erweitert und kontinuierlich weiterentwickelt.
Was ist Ihr größter Wunsch für das Jahr 2024?
Wenn ich die letzten paar Jahre Revue passieren lasse, dann wünsche ich mir, dass uns keine großen Covid-Wellen mehr treffen und wir auf einem moderaten Level agieren können. Natürlich wünsche ich mir auch, dass wir unser gesamtes Portfolio an Leistungen bestmöglich umsetzen.
Interview: Rosi Dorudi
Michaela Latzelsberger, Mag.a
Geschäftsführerin Krankenhaus Göttliches Heiland
1972 in Wien geboren, studierte Latzelsberger Biologie und molekulare Genetik an der Universität Wien. Nach Tätigkeiten bei Novartis, UCB Pharma und Astra-Zeneca setzte sie sich bei der dänischen Firma Coloplast als Cluster Lead und Geschäftsführerin für Österreich und Schweiz im Bereich Inkontinenz und Stoma für stigmatisierte Patient*innen ein. Sie war CEO bei Philips Österreich und verantwortete dort zusätzlich die Services & Solution Delivery Leads für die gesamte DACH-Region. In dieser Rolle repräsentierte sie Philips Österreich als Mitglied im Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (Wirtschaftskammer Österreich). Außerdem ist Latzelsberger Mitglied der Industriellenvereinigung Wien und ist fachmännische Laienrichterin. Seit Anfang September 2023 ist sie Mitglied des Vorstandteams des Göttlichen Heiland Krankenhauses Wien.