INnovation
Gesundheit
Österreich
25.02.2021

„Kooperation ist für beide Häuser sicher der beste Weg!“

Mit dem Ordensklinikum Innviertel entsteht ein gemeinsames Dach für die Ordensspitäler in Ried und Braunau. Was bedeutet das für Patientinnen und Patienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Vor allem eine Stärkung der gesamten Gesundheitsregion, betonen die beiden Geschäftsführer Johann Minihuber (Ried) und Erwin Windischbauer (Braunau).

Ordensklinikum Innviertel – ein neuer Begriff in der oberösterreichischen Spitalslandschaft. Was muss man sich darunter vorstellen?

Johann Minihuber: Die Ordensklinikum Innviertel Holding GmbH wird als Muttergesellschaft das gemeinsame Dach für das Krankenhaus St. Josef in Braunau und das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Ried bilden. Sie wird in den nächsten Monaten gegründet, Gesellschafter sind je zur Hälfte die TAU.GRUPPE und die Vinzenz Gruppe. Die beiden Spitäler bleiben aber selbständig, Rechtsträger bleibt wie bisher die jeweilige Betriebsgesellschaft.

Erwin Windischbauer: Das Ordensklinikum Innviertel wird über 812 Betten verfügen, mehr als 2700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen und jährlich rund 200.000 stationäre und ambulante Behandlungen verzeichnen. Schon diese Zahlen zeigen die Bedeutung für die Gesundheitsversorgung von 220.000 Menschen im Innviertel. Darüber hinaus wird das Ordensklinikum auch überregional ein bedeutender Faktor sein. Jede fünfte akute Herzerkrankung in Oberösterreich wird hier behandelt, jede achte Hüft- und Knieprothese wird hier implantiert, jede zehnte Geburt erfolgt hier. Im Klinikum werden 14 Prozent der neurologischen und elf Prozent der psychiatrischen Behandlungen in Oberösterreich stattfinden.

All das ist aber schon jetzt so. Was ändert das gemeinsame Dach?

Minihuber: Die Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen und auch die Ansprüche an ein Krankenhaus haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Der Trend geht zu medizinischer Spezialisierung, was zugleich auch mehr Kooperation bedeutet. Ziel der neuen Struktur ist zum einen die Sicherung der medizinischen Grundversorgung an beiden Standorten, zum anderen das Forcieren und Weiterentwickeln der jeweiligen Schwerpunkte.

"Ziel der neuen Struktur ist zum einen die Sicherung der medizinischen Grundversorgung an beiden Standorten, zum anderen das Forcieren und Weiterentwickeln der jeweiligen Schwerpunkte." (Johann Minihuber)

Windischbauer: Dazu kommt, dass es für Krankenhäuser in ländlichen Regionen zunehmend schwieriger wird, qualifizierte Fachkräfte in ausreichender Zahl zu finden. Gemeinsam werden wir diese Herausforderung besser meistern und noch mehr Qualität und Service bieten können. Kooperation ist für unsere Häuser der beste Weg. 

Welches Krankenhaus wird sich worauf spezialisieren? Was heißt das für Abteilungen, die es sowohl in Ried als auch in Braunau gibt?

Minihuber: Die Spezialisierung ist ja schon Realität, zum Beispiel Psychiatrie in Braunau oder Neurologie in Ried. Ein Thema ist sicher die Chirurgie, speziell die Pankreaschirurgie: Um auf diesem Feld bestimmte Leistungen weiterhin wohnortnahe in bester Qualität anbieten zu können, wird es sinnvoll sein, sie zu bündeln. Nur so lassen sich die erforderlichen Mindestfallzahlen erreichen. Dazu sind aber detaillierte Analysen nötig. Das Projekt wird zeitnahe gestartet.

Windischbauer: Wir werden natürlich analysieren, wo Synergien zu nutzen sind. Aber es geht jetzt nicht darum, Abteilungen zusammenzulegen, sondern darum, fachärztliche Kompetenzen der beiden Häuser zu bündeln und zu stärken. Davon abgesehen sind Zusammenlegungen auch im Regionalen Strukturplan Gesundheit des Landes Oberösterreich nicht vorgesehen. Dort ist festgelegt, welche Abteilungen, Fachschwerpunkte und diagnostischen Bereiche angeboten werden. Was verordnet ist, gilt weiterhin. Für die Zukunft gänzlich ausschließen lassen sich Zusammenführungen allerdings nicht. Schließlich wissen wir nicht, wie der RSG 2025 mit Zeithorizont 2030 aussehen wird. Auch diesen Herausforderungen werden wir uns stellen.

"Aber es geht jetzt nicht darum, Abteilungen zusammenzulegen, sondern darum, fachärztliche Kompetenzen der beiden Häuser zu bündeln und zu stärken." (Erwin Windischbauer)

Was bedeutet die Gründung des Ordensklinikums für nicht medizinische-Bereiche der beiden Häuser?

Windischbauer: Naturgemäß gibt es hier bei den beiden Spitalsträgern unterschiedliche Strukturen und bestehende Kooperationen mit externen Dienstleistern. Auch diese Bereiche werden wir uns gemeinsam ansehen, analysieren und im Sinne von Best Practice voneinander lernen.

Minihuber: Das gilt auch für die Verwaltung, wobei nicht geplant ist, diese Bereiche zusammenzulegen. Wir werden Felder erarbeiten, wo Synergien genützt werden können. Schließlich bleiben die Krankenanstalten rechtlich eigenständig, und wir sind froh, dass wir da wie dort mit unseren Expertinnen und Experten dem Leistungs- und Versorgungsauftrag autark gerecht werden können. Bei Engpässen, zum Beispiel krankheitsbedingt, kann ein Haus das andere Haus unterstützen.

Gilt das auch in der Notfallversorgung? Sind abwechselnde Aufnahmetage geplant?

Minihuber: Ziel ist wie gesagt eine wohnortnahe Grundversorgung, da gehört die Notfallversorgung vor Ort in Ried und Braunau selbstverständlich dazu. Zwischen beiden Städten beträgt die Fahrzeit rund eine Dreiviertelstunde, da ist eine gemeinsame Notfallversorgung aus praktischen und auch aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Windischbauer: Wir könnten nicht einmal eine gegenseitige Rufbereitschaft einrichten, denn da dürfte der Zeitkorridor maximal 20 Minuten betragen. Das geht sich nur mit einem Hubschrauber aus, aber unmöglich mit dem Auto.

Wird es neue diagnostische Verbünde geben, etwa im Labor oder in der Pathologie? 

Minihuber: Wir werden untersuchen, wo es Synergieeffekte gibt, die sinnvoll sind und den Patientinnen und Patienten nützen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren im Bereich der Diagnostik bereits entsprechende Schritte gesetzt wurden und es bestehende Kooperationen gibt.

Derzeit gibt es sowohl in Ried als auch in Braunau einen gefäßchirurgischen Schwerpunkt. Wird das so bleiben?

Windischbauer: Das Land Oberösterreich hat bereits angekündigt, dass es ab 2025 für jede Versorgungsregion nur noch ein einziges gefäßchirurgisches Zentrum geben soll, für das Innviertel in Ried. Braunau hat eine große Dialyse und daher viele Patientinnen und Patienten, die kompetente Gefäßchirurgie benötigen. Sicherzustellen, dass das in unserer Versorgungsregion gut funktioniert, wird daher eine der ersten Aufgaben sein.

Wie wird das Ordensklinikum Innviertel grundsätzlich zur Kooperation mit anderen Krankenhäusern stehen?

Windischbauer: Die Herausforderungen im Gesundheitswesen sind enorm, Zusammenarbeit wird daher immer wichtiger. Daher ist es uns ein großes Anliegen, strategische Partnerschaften mit anderen Krankenhäusern in Oberösterreich, sowohl mit der OÖ. Gesundheitsholding als auch mit anderen Ordensspitälern, fortzusetzen und weiterzuentwickeln. 

Minihuber: Wir sind und bleiben ein stabiler, verlässlicher Partner für das Land Oberösterreich in der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Viele unserer medizinischen Angebote spielen ja – wie bereits erwähnt – auch landesweit eine Rolle.

Interview: Josef Haslinger

Johann Minihuber, Mag. MBA, MAS

Geschäftsführer des Barmherzige Schwestern Krankenhaus Ried

Johann Minihuber ist seit 2009 bei der Vinzenz Gruppe und seit dem Vorjahr Geschäftsführer des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Ried. Zuvor war er als Leiter des Regionalbüros Westösterreich der Vinzenz Gruppe unter anderem mit der Gesamtprojektleitung des Fusionsprojekts Ordensklinikum Linz betraut.

Erwin Windischbauer, Dipl. KH-BW, MAS

Geschäftsführer des Krankenhaus St. Josef Braunau

Erwin Windischbauer ist seit 30 Jahren in leitender Funktion im Krankenhaus St. Josef in Braunau tätig, seit 2016 als alleiniger Geschäftsführer des Spitals und seiner Betriebe. Seit dem Vorjahr ist er auch Co-Geschäftsführer der TAU.GRUPPE und der TAU Service GmbH.

Haben Ihnen diese Artikel gefallen?

Erhalten Sie regelmäßig alle relevanten Nachrichten aus dem österreichischen Gesundheitswesen.