Nachhaltigkeit ist auch ein finanzieller Bringer
Beim Betrieb von Krankenanstalten können eine Menge Energie und Ressourcen eingespart werden. Durch zielgerichtete Maßnahmen wie die Inbetriebnahme von Photovoltaikanlagen wurden in der Vinzenz Gruppe rund 12 Gigawattstunden Strom, umgerechnet rund eine Million Euro, eingespart, rechnet Co-Geschäftsführer Stephan Lampl im Gespräch vor.
Durch den hohen Energieverbrauch und eine Ausstattung, die nicht immer auf dem neuesten Stand der Technik ist, sind Krankenhäuser oft eine besondere Belastung für das Klima. Werden sie allerdings konsequent modernisiert und mit einem nachhaltigen Konzept ausgestattet, können sie zu einem „grünen Krankenhaus“ werden. Wie das konkret aussieht, hat Stephan Lampl, Mitglied des Zentralen Management Teams der Vinzenz Gruppe, im Interview erklärt.
Welchen Stellenwert hat die Nachhaltigkeit in den Ordensspitälern der Vinzenz Gruppe?
Stephan Lampl: Nachhaltigkeit war in der Vinzenz Gruppe immer schon ein wichtiges Thema. Das kommt aus der Tradition der Ordensschwestern, die extrem nachhaltig gewirtschaftet haben, da ist nichts weggeschmissen worden. Die Orden haben schon immer ihre besondere Verantwortung für die Umwelt gesehen. Im Gründungsauftrag der Vinzenz Gruppe ist die soziale und ökonomische Verantwortung verankert, und die ökologische Nachhaltigkeit kommt am Ende auch den Menschen zugute. Wir sind im Krankenhaus sehr strengen Regeln unterworfen, vor allem was die Hygiene angeht. In diesem Spannungsfeld zwischen Anspruch und Machbarkeit sind wir gut aufgestellt.
Im eigenen Haushalt kann man versuchen, möglichst verpackungsfrei einzukaufen. Im Krankenhaus, wo sterile Umgebungen lebensnotwendig sind, ist das kaum umzusetzen. Gibt es dennoch Möglichkeiten, den Abfall zu reduzieren?
Es ist schwierig, aber es gibt trotzdem viele Möglichkeiten. Bestrebungen in Richtung Mehrwegprodukte sind in den letzten Jahren stärker geworden. Wir haben einige Sterilisationsabteilungen, wo wir medizinische Instrumente wieder aufbereiten können. Grundsätzlich ist uns die Kreislaufwirtschaft ein wichtiges Anliegen. Es gibt eigene Abfallbeauftragte, die immer wieder häuserübergreifende Projekte umsetzen. Wertstoffe wie Papier, Kunststoffe und Metalle werden dem Kreislauf wieder zugeführt.
Was uns sehr bei der Vermeidung von Papierabfällen hilft, ist die Digitalisierung. Je mehr Kommunikation elektronisch erfolgt, umso mehr Papier kann eingespart werden. Mittlerweile wird in der Vinzenz Gruppe flächendeckend die elektronische Fieberkurve ausgerollt, alle Patientendaten sind somit digital verfügbar. Das spart nicht nur Tonnen von Papier, sondern erhöht auch die Patientensicherheit.
Den Kindern zuhause sagt man: „Licht abdrehen, wenn niemand im Raum ist.“ Umgelegt auf das Krankenhaus, welche Lösungen gibt es hier, um Energie und Ressourcen einzusparen?
Das größte Einsparungspotenzial liegt beim Heizen, Kühlen und Lüften, wobei die warme Jahreszeit immer länger und das Kühlen daher immer energieintensiver wird. Bewegungsmelder und Zeitschaltungen stellen sicher, dass Räume nur dann klimatisiert und beleuchtet werden, wenn sie tatsächlich in Betrieb sind. Auf diese Weise kann man richtig gut und viel sparen. Bei Neubauten werden nur noch sehr energieeffiziente Heiz- und Kühlsysteme eingesetzt, wie etwa Erdwärmepumpen mit Tiefenbohrung.
Abgesehen davon sind wir gerade dabei, alle unsere Häuser so weit wie möglich mit Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung auszustatten. Das Unternehmen Barmherzige Schwestern Pflege und Wohnen wurde dafür bereits mit dem Umweltpreis vom Klimaschutzministerium ausgezeichnet. Auch im Gastronomiebereich versuchen wir Ressourcen zu sparen und unterstützen die Initiative United Against Waste, die sich gegen Nahrungsmittelverschwendung einsetzt.
Wird die Nachhaltigkeit im Stationsalltag für Mitarbeiter erlebbar und messbar gemacht?
Ja, im Rahmen des ökologischen Zertifizierungssystems gibt es auch ein Reporting für die Krankenhäuser. Wir informieren Mitarbeiter*innen regelmäßig, was die PV-Anlagen bringen. Im Foyer kann man ablesen, wieviel Strom erzeugt wurde und wieviel Einsparung das bringt. Seit 2017 konnten in allen Einrichtungen durch unterschiedliche Maßnahmen 12 Millionen Kilowattstunden – oder 12 Gigawattstunden – Strom eingespart werden. Das entspricht einer finanziellen Einsparung von rund einer Million Euro. Im St. Josef Krankenhaus beispielsweise können wir an sonnigen Tagen bis zu 30 Prozent des Strombedarfes durch Photovoltaik abdecken. Wir halten unsere Mitarbeiter*innen auch an, Ideen zum Energiesparen einzubringen. Die besten und sinnvollsten werden dann umgesetzt.
"Im St. Josef Krankenhaus beispielsweise können wir an sonnigen Tagen bis zu 30 Prozent des Strombedarfes durch Photovoltaik abdecken", erklärt Stephan Lampl, Co-Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe.
Gibt es im Krankenhaus entsprechende Zertifizierungen im Bereich Nachhaltigkeit?
Die Vinzenz Gruppe setzt seit vielen Jahren ein Energiemanagementsystem laut ISO um. Mit Juni 2021 sind wir auf das Zertifizierungssystem EMAS umgestiegen, im Oktober diesen Jahres werden alle Einrichtungen danach zertifiziert sein. Das ist keine einmalige Zertifizierung, die dann erledigt ist, das ist ein permanenter Prozess. In dieses Riesenprojekt sind sehr viele Mitarbeiter*innen involviert, was natürlich auch zur Bewusstseinsbildung beiträgt. Das Tolle ist, dass die jungen Menschen heute sehr engagiert sind und vom Unternehmen verlangen, dass ökologisch gewirtschaftet wird. Da kommt verstärkt Druck von der Basis.
Wurden im Bereich soziale Nachhaltigkeit Maßnahmen gesetzt?
Der Not der Zeit begegnen, so lautet der Leitsatz, den uns die Orden im Gründungsauftrag mitgegeben haben. Das heißt, es ist Teil unseres Selbstverständnisses, dass wir uns sozial engagieren. Jedes Haus muss Sozialprojekte durchführen, daneben gibt es Projekte von einzelnen Regionen oder der gesamten Gruppe. In Linz gibt es beispielsweise das Vinzenzstüberl, wo man wohnungslose Menschen betreut. Bei Young Mum werden Teenager und – in Kooperation mit der Uniqa-Versicherung – nicht versicherte Frauen in der Schwangerschaft betreut. Das jüngste Projekt heißt DOCK. Das ist eine Ambulanz von Vinzenz Gruppe und Neunerhaus im Wiener Sonnwendviertel, wo Nichtversicherte kostenlos behandelt und bei Bedarf an unsere Häuser weiterüberwiesen werden.
Interview: Gertraud Gerst; Foto: Vinzenz Gruppe
Stephan Lampl, Mag.
Co-Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe
Lampl ist seit über 20 Jahren in der Vinzenz Gruppe tätig. 2001 übernahm er die Geschäftsführung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien. Seit 2004 zeichnet er für die Spitäler der Vinzenz Gruppe in Wien verantwortlich und ist Mitglied der Geschäftsführung der Vinzenz Gruppe Service.