Klimaschutz ist Gesundheitsvorsorge
Die Folgen von Hitze und neuen Krankheitserregern belasten die Lebensqualität von Menschen ebenso wie das Gesundheitssystem. Eine Klimaschutz-Expertin weist im Rahmen eines GÖG-Beratungsprogramms den Weg zur klimafreundlichen Gesundheitseinrichtung.
Das Orthopädische Spital Speising (OSS) punktet mit grünen Erholungsflächen, das Haus St. Louise der Barmherzigen Schwestern Pflege GmbH in Maria Anzbach mit einem neuen Garten inklusive 15 Bäumen, Blühwiese, Kräuterecken, Insektenhotels und Nistkästen. Im OSS herrscht auch im OP Nachhaltigkeit: beim Recycling von Implantaten. Beide Häuser der Vinzenz Gruppe wurden mit dem „Best Practice Award“ des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und des Kompetenzzentrums für Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) ausgezeichnet: in den Kategorien Grünraum sowie Abfall-/Ressourcen-Management und Beschaffung. Für Mag.a Dr.in Ruperta Lichtenecker, Leiterin der Abteilung Klimaneutralität und nachhaltige Transformation in der GÖG, ist Klimaschutz zugleich Gesundheitsförderung: „Ersterer wird auch in Spitälern, Ambulanzen etc. immer wichtiger, denn die Klimakrise ist die größte Bedrohung des 21. Jahrhunderts. Und der Gesundheitssektor für 6,7 Prozent des nationalen C02-Fußabdrucks verantwortlich.“
Die volkswirtschaftlichen Kosten der Klimakrise betragen global 36.000 Milliarden Euro, in Österreich 5,4 bis sieben Milliarden. Das Gesundheitswesen hat eine große Last zu schultern: infolge der Zunahme von Herz-Kreislauf-Leiden durch Hitze, Atemwegsinfekten, Allergien, psychosozialen Problemen, Stichwort Klimaangst, und neuen Krankheiten durch eingewanderte Überträger – Viren, Bakterien sowie Insekten. „Für den Schutz von Gesundheit und Lebensqualität braucht es Klimaschutz mit voller Kraft“, sagt Lichtenecker.
Laut dem Pariser Übereinkommen muss die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden. Dafür braucht es eine Emissionsreduktion um 55 Prozent bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050. Die Bundesregierung setzte sich im Regierungsprogramm strengere Ziele: Klimaneutralität bis 2040. Und 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie bis 2030.
„Klimaschutz-Investitionen haben eine doppelte bis dreifache Dividende.“
Zum Beispiel die Dämmung von Bestandsgebäuden, Errichtung von Neubauten aus Holz, Umstellung auf LED-Beleuchtung, der Heizungstausch für Fernwärme, Pellets oder Wärmepumpen, die Bereitstellung einer Rad- und E-Bike-Infrastruktur, Entsiegelung von Parkflächen, nachhaltige Beschaffung sowie Etablierung von vorwiegend pflanzlichem Essen.
Terminerinnerung zugleich Öffi-Ticket
Nicht nur immer mehr Spitäler setzen derartige Maßnahmen bereits um, sondern auch niedergelassene Ärzt*innen. So etwa der Dornbirner Augenarzt Dr. Christoph Laufenböck: Seine Ordination kooperiert mit dem Verkehrsverbund Vorarlberg sowie den ÖBB und sendet Terminerinnerungen aus, die zugleich Öffi-Fahrschein für die Hin- und Rückfahrt sind. Die Kosten trägt die Ordination.
„Wir schaffen das“
Der Weg zur klimafreundlichen Gesundheitseinrichtung startet mit Datenerhebung und -analyse. Beispielsweise der Frage: Wie hoch ist der Ressourcen- und CO2-Verbrauch in welchem Bereich? Dann folgt der Klima-Aktionsplan mit konkreten Zielen und Maßnahmen, die unterstützende Begleitung bei der Umsetzung sowie Evaluierung.
Ein oft übersehenes Potenzial ist laut Lichtenecker das Gesundheitspersonal: Pflege und Medizin hätten hohe Glaubwürdigkeit und Vorbildwirkung bei der Bewusstseinsbildung für Klimaschutz-Maßnahmen und in der Umsetzung. „Wir müssen jetzt umfassend handeln, sonst wird es teurer und schwieriger. Emissionen wirken zeitverzögert, ebenso deren Einsparung. Gemeinsam schaffen wir die Klimaneutralität und den Schutz unserer Gesundheit.“
Text: Karin Lehner
Foto: © Gesundheit Österreich/Monika Fellner