Personalisierte Orthopädie
Personalisierte Medizin – dieses Prinzip hat natürlich auch in der orthopädischen Medizin Einzug gefunden. Am Orthopädischen Spital Speising in Wien wird diese Forschung im Michael-Ogon-Labor für Orthopädische Forschung gebündelt, wie der Leiter des Labors, OA Priv. Doz. Dr. Jochen Hofstätter erklärt.
Benannt ist das Michael-Ogon-Labor nach dem langjährigen Primar der Wirbelsäulenabteilung, Univ. Prof. Dr. Michael Ogon. „Michael Ogon betrieb schon früh in Speising ein Zelllabor, für Grundlagenforschung im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie“, berichtet Hofstätter (im Beitragsbild rechts neben seinem Stellvertreter Prim. Doz. DDr. Christian Albrecht). Nach dem Tod von Primar Ogon im Jahr 2018 wurde ein Konzept entwickelt, wie aus dem spezialisierten Labor eine abteilungsübergreifende Forschungsplattform geschaffen werden kann, in der Spitzenforschung im gesamten orthopädischen Bereich betrieben werden kann. Aufgrund seiner Bemühungen um die Forschung wurde dieses Labor nach Michael Ogon benannt.
„Das Ziel des Labors ist es, die qualitative Patientenversorgung zu verbessern“, erläutert Hofstätter. „Mir liegt sehr am Herzen, dass unsere Ergebnisse einen unmittelbaren Effekt auf die Verbesserung der Patientenversorgung haben.“ Im Idealfall soll den Patient*innen am Orthopädischen Spital Speising – und darüber hinaus – eine personalisierte Medizin zukommen. „Doch die personalisierte Medizin beruht auf Daten, und diese Daten müssen generiert werden.“
Derzeit keine zentrale Datensammlung
In Österreich werden Daten zum Verlauf von Patient*innen nach einer Operation – etwa einem künstlichen Gelenksersatz – derzeit nicht zentral gesammelt, anders als in anderen europäischen Ländern. „Nachdem es in Österreich kein Endoprothesen-Register gibt, haben wir die Daten unserer Patientinnen und Patienten aus den letzten 10 Jahren aufgearbeitet“, berichtet Hofstätter. Auch im Orthopädischen Spital Speising wird nur mit international etablierten Implantaten gearbeitet, trotzdem soll das spitalseigene Register zur strukturierten Qualitätskontrolle dienen. „Ein Register ist notwendig, um aus Ergebnissen zu lernen und frühzeitig Therapien adaptieren zu können.“ Neben der Qualitätssicherung möchte Hofstätter auch weiter evaluieren, welche Risikofaktoren wie Alter, Adipositas oder Osteoporose eine Gefahr für Komplikationen sind. So sollen die Operation, sowie prä- und postoperative Abläufe verbessert werden. „Aus diesen eigenen Daten können wir unsere zukünftigen Patientinnen und Patienten besser behandeln.“
"Ein Register ist notwendig, um aus Ergebnissen zu lernen und frühzeitig Therapien adaptieren zu können."
Ein zweiter Forschungsschwerpunkt von Hofstätter, der sich klinisch auf Hüft- und Kniegelenksersatz spezialisiert hat, ist die Verbesserung in der Prävention, Diagnostik und Therapie von Implantatinfektionen. Das Michael-Ogon-Labor arbeitet daher mit akademischen Forschungseinrichtungen sowie innovativen Firmen zusammen, um neue Biomarker für die Diagnostik zu finden oder Biomarker, die gerade auf den Markt kommen, zu evaluieren. „Wir möchten herausfinden, ob wir mit diesen Biomarkern den Patientinnen und Patienten eine noch bessere und frühere Diagnostik anbieten können. Auch Tests zur raschen Erkennung von Infektionen werden an Proben aus der Biobank geprüft. „Wenn wir finden, dass neue Tests besser sind, werden wir diese natürlich möglichst schnell im Routinebetrieb anwenden – ein klarer Vorteil für unsere Patientinnen und Patienten.“
Um diese Forschungsprojekte durchführen zu können, wurde im Michael Ogon Labor eine Biobank etabliert. „Präparate oder Gewebeproben, die normalerweise nach der Diagnose verworfen werden, können im Einzelfall wissenschaftlich wertvoll sein, etwa wenn es darum geht, diagnostische Mittel zu verbessern.“
Automatisierte Auswertung von Röntgenbildern
Ein dritter Forschungsschwerpunkt von Hofstätter ist die automatisierte Auswertung von Röntgenbildern, die in Kooperation mit einer Wiener Firma erforscht wird. „Röntgenbilder enthalten unglaublich viel Information: Manuell ist die Analyse sehr aufwändig und je nachdem, wer sie durchführt, können Unterschiede auftreten.“ Mit neuen Technologien und automatisierten Messungen möchten Hofstätter und sein Team ein schnelleres, genaueres und objektiviertes Bild aus den Röntgenaufnahmen gewinnen. „Wir sind in sehr engem Kontakt mit den Entwicklern, um diese Technologie voranzutreiben.“
"Das Labor hat auch Ausbildungscharakter, da wir junge, engagierte Medizinerinnen und Mediziner für die orthopädische Forschung begeistern möchten."
Derzeit arbeiten vier Wissenschaftler am Michael-Ogon-Labor, zusätzlich werden Diplom- und PhD-Arbeiten betreut und junge Mediziner*innen neben ihrer Spitalsausbildung für die Forschung angestellt. „Das Labor hat auch Ausbildungscharakter, da wir junge, engagierte Medizinerinnen und Mediziner für die orthopädische Forschung begeistern möchten.“ Hofstätters Vision ist es, durch das Michael-Ogon-Labor am Orthopädischen Spital Speising die klinischen Topleistungen mit klinischer Forschung zu verbinden. „Ziel ist es, nicht nur nach den neuesten Standards zu arbeiten, sondern die neuesten Standards zu setzen. Das ist nur durch Forschung möglich.“
Text: Sophie Fessl
Jochen Hofstätter, OA Priv. Doz. Dr.
Leiter des Michael-Ogon-Labors am Orthopädischen Spital Speising
Hofstätter ist Facharzt für Orthopädie und Orthopädie am Orthopädischen Spital Speising. Hofstätter ist Teil des Spezialteams Hüftendoprothetik sowie Senior-Hauptoperateur des Endoprothetikzentrum II. Abteilung. Hofstätter leitet das Michael-Ogon-Labor am OSS.