"Wissenschaftliches Engagement fördern wir sehr gerne!"
Auch in peripheren Krankenhäusern arbeiten Ärzt*innen an wissenschaftlichen Fragestellungen. Warum das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried für die besten Forschungsarbeiten einen Preis auslobt und was Patient*innen davon haben, schildert der Ärztliche Direktor Johannes Huber.
Als Schwerpunktspital im Innviertel hat Ihr Haus einen breiten Versorgungsauftrag – aber hat es auch einen Forschungsauftrag?
Johannes Huber: Zweifellos steht in einem peripheren Krankenhaus wie dem unseren die wohnortnahe qualitätsvolle Gesundheitsversorgung im Fokus. Das schließt aber keinesfalls aus, dass auch hier medizinische Forschung betrieben wird. Zahlreiche Kolleg*innen unterschiedlicher Fachbereiche wollen sich wissenschaftlich engagieren, sie werden von den unmittelbaren Führungskräften und vom Krankenhausvorstand darin bestärkt und unterstützt. Der Zugang ist bewusst ein anderer als in Universitätskliniken: Man kann bei uns forschen, man muss aber nicht. Das Interesse ist vorhanden: Es laufen praktisch durchgehend Studien im Haus.
Wie sieht die Unterstützung aus?
Wir fördern das wissenschaftliche Engagement, indem wir interessierten Kolleg*innen die Möglichkeit bieten, an Studien und Projekten teilzunehmen. Wir legen dabei aber auch einen strengen Maßstab an: Jeder Antrag wird nicht nur von der Ethikkommission des Landes Oberösterreich überprüft, sondern auch von unserer hauseigenen Ethikkommission. Diese beurteilt verpflichtend, ob ein Antrag zusätzlich zu den vorgeschriebenen Grundsätzen und Normen auch den Richtlinien des Krankenhauses und der Vinzenz Gruppe entspricht. Nicht zuletzt wollen wir jene, die im Haus wissenschaftlich arbeiten, auch vor den Vorhang holen.
In welcher Form geschieht das?
Indem wir die beste wissenschaftliche Arbeit jährlich als „Paper of the Year“ auszeichnen. Die Auszeichnung wurde schon vor etlichen Jahren auf Initiative von Professor Friedrich Renner, dem damaligen Ärztlichen Direktor, ins Leben gerufen. Den Preis vergibt ein Gremium, das sich aus den habilitierten Ärzt*innen unseres Hauses zusammensetzt. Hier zeigt sich auch das zunehmende Interesse an Forschungsarbeiten, allein heuer hatten wir sieben Einreichungen. Ausgezeichnet wurde diesmal eine Arbeit von Renate Riesinger, einer Palliativmedizinerin. Sie setzt sich darin mit zentralen Fragen auseinander, die sich nach schweren Schlaganfällen für die Angehörigen der Patient*innen und die Behandlungsteams auf einer Stroke Unit stellen. Überreicht wird der Preis jeweils im Rahmen des Bezirksärzteabends, also vor einem medizinischen Auditorium.
Besteht nicht die Gefahr, wissenschaftlich besonders engagierte Kolleg*innen an größere Kliniken beziehubngsweise Zentren zu verlieren?
Die Gefahr gibt es, aber ich bin überzeugt, dass dieses zusätzliche Angebot unser Krankenhaus attraktiver macht und gute Leute verstärkt ans Haus bindet. Wir unterstützen junge Kolleg*innen mit wissenschaftlichen Ambitionen bei ihrer Karriereplanung, schon bei der Betreuung von Diplomarbeiten während des Studiums. Wir gehen im Rahmen des Potenzialförderprogramms bei Mitarbeiter*innengesprächen auch proaktiv und gezielt auf besonders engagierte Kolleg*innen zu. So macht derzeit ein Oberarzt der Neurologischen Abteilung seinen PhD an der Uni Innsbruck, er hat soeben einen Beitrag im bedeutendsten internationalen Fachjournal publiziert. Wir unterstützen auch Kolleg*innen, die Richtung universitäre Lehre gehen wollen: Es gibt bei uns im Haus mehrere Lektoren. Wir begrüßen es auch, wenn sich Kolleg*innen habilitieren. Und wir sehen es grundsätzlich gerne, wenn sich Mitarbeiter*innen fundiert und akademisch weiterbilden. Das gilt nicht nur für medizinische Themen, sondern auch für viele andere Bereiche, von der Pflege bis zum Management.
"Wir sehen es grundsätzlich gerne, wenn sie Mitarbeiter*innen fundiert und akademisch weiterbilden."
Würden Sie sagen, dass von der wissenschaftlichen Arbeit im Krankenhaus die Patient*innen unmittelbar profitieren?
Ja, weil Erkenntnisse auch in die aktuellen Behandlungen einfließen. Im Sinne der Zentrierung auf die Patient*innen legen wir Wert auf Themen, die für die Gesundheitsversorgung in unserer Region bedeutsam sind. Darauf richten wir den Blick, es ist auch ein Kriterium in der Ethikkommission.
Interview: Josef Haslinger; Fotos: BHS Ried
Johannes Huber, Dr., MBA
Ärztlicher Direktor des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Ried
Huber ist bereits seit seiner Zeit als Turnusarzt im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried tätig. Er hat hier (und in Linz) die Ausbildung zum Facharzt für Urologie absolviert und besitzt auch das europäische Facharztdekret (FEBU). Neben seiner ärztlichen Tätigkeit an der Urologischen Abteilung und in seiner Wahlarztpraxis hat der 53-Jährige an der Wirtschaftsuniversität Wien eine MBA-Ausbildung in Health Care Management abgeschlossen. Seit 2016 ist Johannes Huber Ärztlicher Direktor des Innviertler Schwerpunktkrankenhauses.