Kommunikation auf Augenhöhe verbessert Patient*innenzufriedenheit
Die Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen sollte auf der sprichwörtlichen Augenhöhe stattfinden. Eine Übersichtsarbeit hat analysiert, wie die Körperhaltung von Ärzt*innen bei den Patient*innen ankommt. Ob Behandler*innen während des Gesprächs stehen oder sitzen, kann weitreichende Auswirkungen auf die Patient*innenenzufriedenheit und das Vertrauen in die Behandlung haben.
Eine gelungene Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen ist ein wichtiger Faktor für den Behandlungserfolg und die Zufriedenheit im Krankenhaus. Während verbale Informationen traditionell im Vordergrund stehen, gewinnt die Bedeutung nonverbaler Kommunikation – insbesondere der Körperhaltung von Behandler*innen – zunehmend an Beachtung. Eine Metastudie der Universität von Michigan, veröffentlicht im Journal of General Internal Medicine, zeigt: Die Haltung der Ärzt*innen – ob sie stehen oder auf Augenhöhe der Kranken sitzen – wirkt sich auf die Wahrnehmung der Patient*innen und die Qualität der therapeutischen Beziehung auswirkt.
Für die Übersichtsarbeit analysierten die Forschenden 14 Studien. Zehn der wissenschaftlichen Arbeiten zeigten, dass Patient*innen positiver auf Ärzt*innen reagierten, die im Sitzen mit ihnen kommunizierten. „Im Vergleich zum Stehen scheint die Kommunikation auf Augenhöhe vorteilhaft zu sein“, folgern die Studienautor*innen. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in einer höheren Patient*innenzufriedenheit und einer verstärkten Wahrnehmung von Empathie wider. Patient*innen berichteten mehrheitlich, dass sie sich „besser verstanden“ fühlten, wenn der Arzt oder die Ärztin während des Gesprächs mit ihnen sassen, obwohl die tatsächliche Gesprächsdauer kaum variierte.
Ein bemerkenswertes Ergebnis war, dass Patient*innen sitzende Ärzt*innen als mitfühlender und weniger gehetzt wahrnahmen. „Patient*innen schätzen es offenbar, wenn sich ihre Behandler*innen die Zeit nehmen, sich hinzusetzen“, heißt es in der Studie. In einer der analysierten Untersuchungen gaben mehr als die Hälfte der Patient*innen, nämlich 50,6 Prozent, an, dass sie sitzende Ärzt*innen bevorzugten. Eine andere in der Metastudie analysierte Arbeit aus 2022 stellte fest, dass „Sitzen mit einem positiveren Eindruck von Empathie und der Zeit, die sich die Ärzt*innen nehmen, verbunden wird.“
Nicht alle Studien brachten allerdings solche klaren Ergebnisse. Drei Studien zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Körperhaltungen. Eine Untersuchung von aus dem Jahr 2020 ergab sogar, dass stehende Ärzt*innen teilweise besser bewertet wurden, besonders wenn es um bestimmte Kommunikationsaspekte wie die Informationsweitergabe ging. Die Forscher*innen betonen jedoch, dass „diese Unterschiede in der Praxis möglicherweise weniger relevant sind, als es die statistischen Daten vermuten lassen.“
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Übersichtsarbeit war, dass viele Ärzt*innen zögerlich sind, wenn es ums Sitzen am Patient*innenbett geht. Faktoren wie fehlende Stühle oder der Eindruck, das Hinsetzen sei zeitaufwendiger, wurden als Hindernisse berichtet. „Nicht wenige Ärzt*innen glauben, dass das Sitzen mehr Zeit in Anspruch nimmt, was jedoch durch die vorliegenden Daten nicht bestätigt werden konnte“, schreiben die Autor*innen der Metaanalyse.
Trotz methodischer Einschränkungen der untersuchten Studien und der teils widersprüchlichen Ergebnisse sprechen sich die Autor*innen der aktuellen Übersichtspublikation dafür aus, dass Ärzt*innen erwägen sollten, sich beim Gespräch mit Patient*innen im Krankenhaus häufiger auf Augenhöhe zu begeben, also sich hinzusetzen. „Mit wenig Aufwand kann durch das Sitzen eine deutliche Verbesserung des Patient*innenerlebnisses erreicht werden,“ so eine der Schlussfolgerungen der Übersichtsarbeit.
Die Autor*innen halten auch fest, dass weitere, gut kontrollierte Studien notwendig sind, um die spezifischen Mechanismen zu verstehen, durch die die Körperhaltung das Patient*innenerlebnis beeinflusst. Doch schon jetzt könne sich die Empfehlung, häufiger im Sitzen zu kommunizieren, als wirksame Maßnahme erweisen, die Zufriedenheit der Patient*innen und den Behandlungserfolg zu steigern. (RED)
Quelle: Houchens et al. (2024) Effect of Clinician Posture on Patient Perceptions of Communication in the Inpatient Setting: A Systematic Review. Journal of General Internal Medicine. doi.org/10.1007/s11606-024-08906-4
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