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Gesundheit
Österreich
04.10.2023

„Wir sind Dienstleister für eine neue Lebensqualität!“

Rund 2000 Menschen jährlich werden in der HerzReha Bad Ischl nach einem akuten kardiologischen Problem zurück in den Alltag begleitet. Künftig wird Tele-Rehabilitation die Patient*innen auch nach der Entlassung unterstützen, sagt Andreas Schaffer, der neue operative Geschäftsführer des Reha-Zentrums.

Sie sind als gelernter Hotelkaufmann nun für eine Sonderkrankenanstalt verantwortlich.  Was lässt sich aus dem Tourismus in den Gesundheitsbereich mitnehmen?

Andreas Schaffer: Das Thema Rehabilitation ist für mich während meines bisherigen Berufswegs zu einem Herzensprojekt geworden, hier in Bad Ischl nun sogar buchstäblich. Ich war zuvor bereits in Kur- und Reha-Einrichtungen tätig und habe gesundheitsbezogene Aus- und Weiterbildungen absolviert. Aus dem Tourismus bringe ich vor allem den Dienstleistungsgedanken mit: Auch unsere Reha ist ein Dienstleistungsbetrieb, wir sind Dienstleister für eine neue Lebensqualität.

Was heißt das im Klinikalltag?

Wir alle hier im Haus sind dafür zuständig, unsere Patientinnen und Patienten bestmöglich zu betreuen – medizinisch, therapeutisch und pflegerisch, aber gewissermaßen auch seelisch, durch Herzlichkeit in der persönlichen Begegnung. Die meisten, die zu uns kommen, haben ein dramatisches Krankheitsgeschehen hinter sich. Dieses Erlebnis und die Angst, dass es wieder passieren könnte, verunsichert und belastet sie auch psychisch. Da ist es wichtig, dass sie in unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Gesprächspartner haben, in vielen Situationen. Das betrifft nicht nur unser professionelles psychologisches Team, sondern manchmal auch einfach nur den Plausch mit der Kellnerin. Wichtig ist auch, dass jede Patientin, jeder Patient bei uns einen persönlichen Bezugsarzt bzw. Bezugsärztin hat, als fixe Ansprechperson während des gesamten Aufenthalts.

Was sind die häufigsten Indikationen für eine Rehabilitation in Bad Ischl?

Neben der koronaren Herzerkrankung – mit oder ohne Zustand nach Herzinfarkt, mit oder ohne Kathetereingriffe – oder einer Herz- bzw. Gefäßoperation sind weitere Schwerpunkte Herzinsuffizienz, Erkrankungen der Herzklappen, Bluthochdruck, Erkrankungen von Hauptschlagader, Beinarterien und Halsgefäßen, Rhythmusstörungen des Herzens und Störungen des Fett- und Zuckerhaushalts. Ziel ist es, das Voranschreiten der Grunderkrankung durch eine optimale Einstellung der Risikofaktoren und regelmäßige körperliche Aktivität aufzuhalten. Durch zusätzliche Schulungen zu Bluthochdruck, Herzschwäche, Diabetes, Bewegungslehre oder dem Gerinnungs-Selbstmanagement soll Nachhaltigkeit erzielt werden. Neben dem sogenannten Anschlussheilverfahren nach einem medizinischen Vorfall, bei dem die Patient*innen nach einem Spitalsaufenthalt so rasch wie möglich zu uns kommen, gibt es auch die Möglichkeit, nach einer gewissen Zeit eine weitere Reha zu absolvieren, um die Ergebnisse zu verfestigen. Für das gesamte Leistungsspektrum steht das diagnostische und therapeutische Angebot direkt im Haus zur Verfügung.

"Mein Wunsch wäre, künftig auch ambulante Rehabilitation anzubieten, eventuell im Rahmen eines Gesundheitsparks."

Gibt es im Bereich der Rehabilitation neue Trends und Entwicklungen?

Wir werden in naher Zukunft die sogenannte Tele-Reha anbieten, damit Patientinnen und Patienten ihr Programm nach der Entlassung zu Hause noch eine gewisse Zeit fortsetzen können. Sie erhalten ein Tablet und eine Tracking-Uhr mit Zugang zu einem eigens für sie erstellten Programm, von Übungen bis zu Vorträgen. Über Chatfunktionen hat man dabei direkten Kontakt mit den betreuenden Therapeut*innen und Ärzt*innen. Wir gehen derzeit von einer Dauer von ebenfalls drei bis vier Wochen aus, werden das aber noch untersuchen und evaluieren. Ausgebaut wird derzeit unser Schlaflabor, es wird ab Anfang 2024 den Vollbetrieb aufnehmen. Wir denken auch über das Angebot von Vorsorgeuntersuchungen für Unternehmen nach, als ein Incentive für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mein Wunsch wäre, künftig auch ambulante Rehabilitation anzubieten, eventuell im Rahmen eines Gesundheitsparks, wie das die Vinzenz Gruppe bereits an anderen Standorten praktiziert. Vom Einzugsgebiet her wäre Bad Ischl dafür prädestiniert. 

Die Sozialversicherung der Selbständigen hält 51 Prozent der Anteile an dieser Einrichtung. Muss man SVS-Versicherter sein, um hier eine Reha zu machen?

Keineswegs, unser Zentrum steht allen Versicherten offen. Wir haben Verträge mit allen Sozialversicherungsträgern, sie übernehmen bei einer Genehmigung des Reha-Antrags die Kosten. Unterschiedlich ist nur die Dauer des Aufenthalts, sie beträgt je nach Versicherungsträger drei bis vier Wochen. Unsere Patient*innen kommen aus ganz Österreich, von Vorarlberg bis Wien. Die wunderbare Region dieses traditionsreichen Kurorts bietet viele Möglichkeiten, die sich auch therapeutisch nutzen lassen, vom Wandern über Nordic Walking bis zum Golfkurs. 

"Gottseidank kommt es aber sehr selten vor, dass jemand die Reha als Wellnessurlaub betrachtet."

Ein Wellness-Aufenthalt ist eine Reha aber vermutlich trotzdem nicht.

Nein, die Therapien sind oft durchaus anstrengend und mühsam. Aber sie sind für unsere Patient*innen der Weg dazu, ihr Leben wieder selbst gestalten zu können. Wir zeigen ihnen, was es bewirkt, den Lebensstil nachhaltig zu verändern, mit mehr Bewegung und gesunder Ernährung. Seit dem Umbau des Hauses vor wenigen Jahren sind Einzelzimmer bei uns Standard, die Privatsphäre bleibt gewahrt. Auch eine gewisse Hotelkomponente wurde bei der Zimmergestaltung ungesetzt, aber wir sind und bleiben eine Krankenanstalt. Wir haben uns auch an die Vorgaben der Versicherungsträger zu halten und sind daher sehr strikt, was zum Beispiel den Alkoholkonsum angeht. Nichts gegen ein Glas Wein oder Bier, doch bei Übertreibungen würden wir rigoros vorgehen und den Aufenthalt beenden. Gottseidank kommt es aber sehr selten vor, dass jemand die Reha als Wellnessurlaub betrachtet. 

Wie sehr spüren Sie den Fachkräftemangel etwa in der Pflege, aber auch in Bereichen wie Service und Küche?

Wir haben viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und man spürt schon an der Herzlichkeit und Freundlichkeit im Haus, dass sie gerne hier arbeiten. Aber es steht auch bei uns ein Generationswechsel an, und Nachbesetzungen sind oft nicht mehr so einfach wie früher. So krass wie in der Gastronomie ist die Situation jedoch nicht, die geregelten Arbeitszeiten bei uns sind sicher ein großer Vorteil. In der Pflege gibt es aktuell keinen Mangel, wir sind gut besetzt. Bei den Bewerbungen stellen wir fest, dass oft die Mundpropaganda den Ausschlag für uns gibt. Die wertschätzende Begegnung im Umgang mit den Patient*innen und zwischen den Mitarbeiter*innen selbst, das Verbindende auf Augenhöhe – das sind Stärken, für die unser Haus bekannt ist.

Interview: Josef Haslinger

HerzReha Bad Ischl

Die HerzReha Bad Ischl ist ein Rehabilitationszentrum der Vinzenz Gruppe und der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS), das von der Vinzenz Gruppe betrieben wird. Zu den Indikationen zählen Herz-Kreislauf- sowie Fettstoffwechsel-Erkrankungen. Neben Andreas Schaffer gehören zur Leitung des 171-Betten-Hauses Tibor Klein BSc, MA (Strategische Geschäftsführung), Prim. Priv.-Doz. Dr. Robert Berent (Ärztlicher Direktor) und DGKP Heinz Carda (Pflegedirektor).

Andreas Schaffer, MSc

Geschäftsführer der HerzReha Bad Ischl

Schaffer war nach seiner Ausbildung zum Hotelkaufmann als Direktor bzw. Manager in verschiedenen Hotels in Deutschland und Österreich tätig, u. a. im Gesundheits- und Kursektor (Kurzentrum Bad Häring, Reha Bad Radkersburg). Der 57-Jährige hat berufsbegleitend an der WU Wien die Ausbildung zum akademischen Krankenhausmanager und an der Donau-Universität Krems das Masterstudium „Management in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ absolviert. Zuletzt war der gebürtige Steirer Standortleiter im EurothermenResort Bad Hall, ehe er im Juli 2023 die operative Geschäftsführung der HerzReha Bad Ischl übernahm. 

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