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Gesundheit
Österreich
19.12.2022

High-Tech im Dienste der Hygiene

Scheren, Zangen, Skalpelle – dass in Spitälern jederzeit nach höchsten hygienischen Standards sterilisiertes Operationsbesteck zur Verfügung steht, ist für die meisten Menschen heute so selbstverständlich, dass sie gar nicht groß darüber nachdenken. Dahinter steckt jedoch ein aufwändiger, logistisch herausfordernder Prozess. 

Von außen ist das rechteckige weiße Gebäude neben der kleinen Kirche unauffällig, in seinem Inneren dafür umso spektakulärer: Der 8.000 Quadratmeter große Zweckbau am Gelände des Orthopädischen Spitals Speising in Wien-Hietzing beherbergt eine zentrale Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte. Sieben Tage in der Woche, jeweils 24 Stunden am Tag, ist hier eine riesige Maschinerie im Gange, um nicht nur die eigenen Instrumente, sondern jene aller fünf Wiener Häuser der Vinzenz Gruppe steril aufzubereiten. Zusammen besitzen die Krankenhäuser – das Orthopädische Spital Speising, das Herz-Jesu-Krankenhaus, das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, das Krankenhaus Göttlicher Heiland und das St.-Josef-Spital – 35 Operationssäle. Zusätzlich versorgt die Anlage das Sterilgut verschiedener Ordinationen sowie eines Haartransplantationsunternehmens.

Infektionsgefahr bannen durch Qualitätssicherung

40 Mitarbeiter*innen transportieren, dekontaminieren, pflegen, verpacken und sterilisieren in achtstündigen Schichtdiensten das verwendete Material. Zurück in den OPs, muss dieses nicht nur untadelig sauber, sondern hundertprozentig steril sein – und bis zum nächsten Einsatz korrekt gelagert werden. Die verantwortungsvolle Aufgabe spiegelt sich auch in der Anordnung der Räumlichkeiten. Wie in einem Einbahnsystem geht es immer nach vorne: von der Zone für Unreines in jene für Reines und schließlich ins Sterilgutlager. „Der Instrumentenkreislauf ist bis hin zur Bereitstellung für den nächsten Einsatz genau festgelegt und muss verbindlich eingehalten werden. Jeder Arbeitsschritt wird sorgfältig dokumentiert“, erklärt Bereichsleiterin Maria Gusenbauer. 

"Der Instrumentenkreislauf ist bis hin zur Bereitstellung für den nächsten Einsatz genau festgelegt und muss verbindlich eingehalten werden", erklärt Bereichsleiterin Maria Gusenbauer.

Nur Medizinprodukte mit CE-Kennzeichnung, die vom Hersteller dafür zugelassen sind, dürfen wiederaufbereitet werden. Die gesetzlichen Normen sind streng. Die Zentralsterilisation ist nach EN ISO 13485 der Quality Austria zertifiziert, die Beschäftigten benötigen eine spezielle Ausbildung und bilden sich laufend fort. Qualitätssicherung ist das A und O für die Patient*innensicherheit, bestätigt Gusenbauer. „Jährlich überprüft ein Hygieniker*innenteam der MA 39, ob die Anweisungen für die einzelnen Arbeitsschritte klar und die Aufzeichnungen lückenlos nachvollziehbar sind, ob das Personal adäquat geschult ist und ob der Maschinenpark regelmäßig gewartet wird.“ Darüber hinaus treffen die OP-Leiter*innen der Häuser dreimal im Jahr unter Gusenbauers Führung in einem Qualitätszirkel zusammen und diskutieren, ob und wo Optimierungsbedarf besteht. „So können wir den Instrumentenkreislauf auf höchstem technischen und medizinischen Standard halten.“ 

Punktgenaue Koordination und permanente Einsatzbereitschaft

Die größte Herausforderung sei die Vorplanung, sagt Maria Gusenbauer. Als Bereichsleiterin ist sie verantwortlich dafür, dass sämtliche Abläufe exakt aufeinander abgestimmt sind. Die Einzelschritte müssen wie Zahnräder ineinandergreifen, nur dann funktioniert das Ganze wie am Schnürchen. „Unter anderem gehört dazu eine gut durchdachte OP-Planung.“ Die Abholungen und Anlieferungen bei den verschiedenen Standorten erfolgen viermal am Tag zu fixen Uhrzeiten, an die sich auch externe Logistikpartner*innen halten müssen.

In Gusenbauers Büro laufen all diese Fäden zusammen. Sie erstellt die Personaleinsatz- und Logistikpläne, koordiniert vorausschauend die Arbeitsschritte und kommuniziert diese. Darüber hinaus ist sie permanente Ansprechpartnerin aller an den Prozessen Beteiligten. Auch – oder ganz besonders – bei Unvorhergesehenem. „In Ausnahmesituationen, etwa wenn eine Lieferung ausfällt, gilt es sofort zu reagieren und unterstützend einzugreifen“, unterstreicht sie. Was dabei vielleicht nicht unwichtig ist: Maria Gusenbauer kennt den Maschinenpark wie ihre Westentasche. Schließlich hat sie ihn selbst mitgestaltet. „Als ich 1999 als DGKP in Speising anfing, hatte noch jedes Haus der Vinzenz Gruppe eine eigene an seine OPs angeschlossene Aufbereitungseinheit“, erinnert sie sich. „In Speising selbst gab es damals nur vier OPs, heute sind es 14.“ Nach Diensten auf unterschiedlichen Stationen begann Gusenbauer, in der Sterilisation zu arbeiten. „Der Bereich ist langsam gewachsen und 2005 haben wir die Ist-Situation evaluiert.“ Von einer häuserübergreifenden Kooperation versprach man sich Synergieeffekte, somit schien eine Zentrale sinnvoll. „Nach einer Machbarkeitsstudie haben wir das dann auch in Angriff genommen und den Zubau dafür errichtet.“ 

Technisch vorne mit dabei

2012 wurde das Gebäude eröffnet, 2013 in Betrieb genommen. Die Sterilgutversorgung der anderen Häuser der Vinzenz Gruppe wurde nach und nach eingegliedert. „Die damaligen Erwartungen haben sich mehr als erfüllt“, bekräftigt Gusenbauer. „Der heutige Maschinenpark ist mit den früheren kleinen Einzeleinheiten gar nicht mehr vergleichbar.“ In puncto Ausmaß, aber auch technischem Fortschritt: Von den Reinigungs-, Endo- und Desinfektionsmaschinen über Formaldehyd- und andere Sterilisatoren bis hin zu Ultraschall- und Folienschweißgeräten ist alles auf dem neuesten Stand. „Unsere medizinische Sterilisationsanlage ist eine der größten Österreichs und hinsichtlich Innovationen ganz vorne mit dabei.“ Die Leistungsbündelung sorge zudem für eine optimale Geräteauslastung und Wegeführung sowie einen effizienten Personaleinsatz. Nur so lasse sich der hohe Hygienestandard, der für die moderne Hochleistungsmedizin unabdingbar ist, wirtschaftlich gewährleisten. 

"Unsere medizinische Sterilisationsanlage ist eine der größten Österreichs und hinsichtlich Innovationen ganz vorne mit dabei", sagt Gusenbauer.

Verflochten ist der Aufbau der Zentralsterilisation nicht zuletzt mit Gusenbauers persönlicher Karriere. „Mit dem Wachsen der Anlage habe ich erkannt, dass sich auch die Leitung weiterentwickeln muss“, erzählt die Oststeirerin. Folglich hat sie nebenbei zwei Studien absolviert, heute ist sie Diplom-Betriebswirtin und besitzt zusätzlich einen betriebswirtschaftlichen MBA-Abschluss. „Das regionale Zentrum der Medizinprodukteaufbereitung der Vinzenz Gruppe stand im Mittelpunkt meiner Masterthesis.“ Die dafür nötigen Stellschrauben wie Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Humanressourcen, Management und Schnittstellenanalyse hat sie dabei von Grund auf erforscht. Rückblickend sieht sie das Betriebswirtschaftsstudium als Grundvoraussetzung für die Führungsarbeit in einem Spital. „Ich bin dem Haus Speising sehr dankbar, dass es mir diesen Sprung ermöglicht hat“, sagt sie mit einem Lächeln. „Die Tätigkeit ist auch superspannend, weil wir hier sehr autark arbeiten.“

Text: Uschi Sorz; Fotos: Orthopädisches Spital Speising / Vinzenz Gruppe

Maria Gusenbauer, DGKP, MBA, Dipl.-Betriebswirtin

Bereichsleitung Zentralsterilisation der Vinzenz Gruppe

Gusenbauer ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und begann 1999 im Orthopädischen Spital Speising in der Pflege zu arbeiten. Im selben Jahr nahm sie die Tätigkeit in der damaligen Sterilisationseinheit des Krankenhauses auf, ab 2002 in leitender Funktion. In dieser Position begleitete sie den Aufbau der heutigen Zentralsterilisation des Hauses Speising (Zentrale Aufbereitungseinheit medizinischer Produkte, Z-AEMP), die dort seit April 2021 der kaufmännischen Direktion zugeordnet ist. Neben ihrer Berufstätigkeit studierte Gusenbauer Betriebswirtschaft in Wien und absolvierte zusätzlich die Sales Manager Akademie, die sie mit einem MBA abschloss. Von 2006 bis 2009 lehrte sie an der Sophos Akademie und seit 2011 unterrichtet sie den Teil 3 des Lehrgangs der Österreichischen Gesellschaft für Sterilgutversorgung (ÖGSV). Dort ist sie für die Weiterbildung von Bereichsverantwortlichen sowie Fachpersonal der Sterilgutversorgung aus den verschiedensten medizinischen Einrichtungen verantwortlich. Weiters ist sie im Vorstand der ÖGSV und hält regelmäßig Vorträge zum Thema Medizinprodukte. Darüber hinaus engagiert sie sich für Praktikant*innen in Ausbildung.

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