Rund 1.150 Neugeborene im Jahr in Österreich benötigen kinderurologische Behandlung wegen angeborener Fehlbildungen. Anlässlich des ESPU-Kongresses in Wien erklären Expert*innen die Bandbreite der Erkrankungen.
Alljährlich brauchen an die 1.150 Neugeborenen in Österreich eine kinderurologische Unterstützung, um angeborene Fehlbildungen zu korrigieren. Darauf weisen Expert*innen aus Anlass des Kongresses der europäischen Gesellschaft für Kinderurologie (ESPU) hin, der vom 3. bis 6. September in Wien stattfindet.
„Bis zu 1,5 Prozent aller Neugeborenen brauchen im Laufe der Kindheit in irgendeiner Form kinderurologische Diagnostik oder Therapie. Hier arbeiten wir gemeinsam mit Pränatalmediziner*innen, Geburtshelfer*innen, Kinderärzt*innen, Urolog*innen und Chirurg*innen vor allem daran, Harnwegsinfekten vorzubeugen, die Nierenfunktion der Kinder und deren zukünftige Fertilität zu erhalten sowie Organfunktionen zu verbessern und Inkontinenz zu behandeln“, erklärt Prim. Priv.-Doz. DDr. Bernhard Haid einer der beiden ESPU-Kongresspräsidenten und Abteilungsleiter der Kinderurologie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Beispiele für solche Krankheitsbilder sind die offene Blase, Varianten der Geschlechtsentwicklung, eine andere Lage der Harnröhrenöffnung, Fehlbildung der Harnröhrenklappen oder seltene, nicht-syndromale Fehlbildungen des Harntraktes. Vieles davon kann bereits pränatal erkannt werden. Teilweise – wie bei LUTO, einer Verengung der unteren Harnwege, oder der angeborenen Wirbelsäulenfehlbildung Spina bifida – sind sogar Therapien schon vor der Geburt möglich.
Seltene urogenitale Erkrankungen können sehr vielfältig und variantenreich sein. Mit ERN eUROGEN steht ein eigenes europäisches Referenznetzwerk für seltene uro-rekto-genitale Erkrankungen und komplexe urologische Fehlbildungen zur Verfügung, das sich für einen schnellen Zugang zu Diagnose, Behandlung und Nachsorge in Spezialzentren einsetzt.
Neben teils seltenen und komplexen Erkrankungen sind auch weit verbreitete Probleme aus dem Bereich der Kinderurologie beim Kongress behandelt. Ein solches, oft tabuisiertes Thema ist auch das Bettnässen. „Zehn Prozent aller 6-jährigen Kinder sind bis zu dreimal im Monat in der Nacht inkontinent. Ein bis zwei Prozent der 6- bis 10-Jährigen können ihren Urin auch unter Tags nicht halten. Das ist ein manchmal hoher, mitunter mit Scham behafteter Leidensdruck für die Kinder“, erklärt Haid. Liegt eine funktionelle oder entwicklungsbedingte Ursache vor, wie in den meisten Fällen, werden Urotherapie und Training für Blase und Nervensystem erfolgreich eingesetzt. Auch Medikamente haben einen Stellenwert in der Therapie. In 15 bis 20 Prozent der Fälle kommt es spontan bei den Kindern zu einer Verbesserung.
Titelbild auf der Basis eines Fotos von Pixabay