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Präoperative Anämie betrifft 31,7 Prozent der chirurgischen Patient*innen, wie die ALICE-Studie zeigt. Expert*innen fordern ein erweitertes ganzheitliches Anämiemanagement für einen besseren postoperativen Outcome.

Text: Minna Friedl

31,7 Prozent der Patient*innen, die sich einem größeren chirurgischen Eingriff unterziehen, leiden unter Anämie. Das belegen die Ergebnisse der internationalen ALICE-Studie. Anämie vermindert die Konzentration von Hämoglobin im Blut, wodurch Körperzellen unzureichend mit Sauerstoff versorgt werden. Typische Symptome können Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Kopfschmerzen sein. Weiters kann Wundheilung weniger effizient stattfinden und Anämiepatient*innen sind häufiger auf Bluttransfusionen angewiesen.

Die in „The Lancet Global Health“ veröffentlichte ALICE-Studie wurde unter der Leitung von Prof. Patrick Meybohm (Würzburg) und Prof. Kai Zacharowski (Frankfurt) als Letztautoren durchgeführt. Erstautorin ist Dr.in Suma Choorapoikayil von der Universitätsmedizin Frankfurt. Die Untersuchung fand in 79 Krankenhäusern in 20 Ländern statt und basierte auf erfassten Daten von 2.380 Teilnehmer*innen. Ziel der Forschenden war es, die Patient*innensicherheit zu erhöhen und ein ganzheitliches Anämie-Management zu erzielen.

Die Studie untersuchte die Gründe für präoperative Anämie, die vielfältig und komplex sein können. Bisher konzentrierte sich die Behandlung im Rahmen des „Patient Blood Managements“ (PBM) vor allem auf die Gabe von Eisenpräparaten. Die Studienergebnisse zeigen allerdings auch andere Anämie-Ursachen. Mehr als die Hälfte der Patient*innen (55,2 Prozent) litten unter Eisenmangel, doch 14,5 Prozent hatten Folsäuremangel, Vitamin-B12-Mangel trat bei 7,7 Prozent der Teilnehmer*innen auf. 8,7 Prozent wiesen eine chronische Nierenerkrankung auf.

Ein Mangel an Hämoglobin im Blut hat negative Auswirkungen auf das postoperative Ergebnis. Zudem ist das Risiko von Bluttransfusionen um das Dreifache erhöht, die Komplikationsrate bei Operationen steigt um das 2,5-fache. Die Sterblichkeit ist bei Anämie-Betroffenen um das Fünffache erhöht und die Wundheilung sowie die Sauerstoffversorgung der Organe und von Gewebe verschlechtert sich.

Die Studienautor*innen betonen, dass zukünftig eine präoperative Anämie mit ihrer Häufigkeit und ihrem erheblichen Einfluss auf das operative Ergebnis nicht mehr zu vernachlässigen sei. Insbesondere müsse das Patient Blood Management (PBM), mit dem die Bildung neuer Blutzellen gefördert und der Transfusionsbedarf verringert werden soll, noch gezielter gestaltet werden. Neben dem Eisenmangel müsse auch ein Vitamin-B12- und Folsäuremangel diagnostisch und therapeutisch berücksichtigt werden. Das Ziel sei, so die Forschenden, die Etablierung eines ganzheitlichen Anämie-Managements.

Quelle: Suma Choorapoikayil, David M. Baron, Donat Spahn et al. The aetiology and prevalence of preoperative anaemia in patients undergoing major surgery (ALICE): an international, prospective, observational cohort study. The Lancet Global Health, Volume 13, Issue 12, E2041-E2050December 2025, Open Access

Titelbild basiert auf einer Vorlage von Freepik

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