Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) stellt einen entscheidenden Meilenstein für die europäische Gesundheitsunion dar und wird das Gesundheitswesen nachhaltig verändern.
Text: Rosi Dorudi
Der Europäische Gesundheitsdatenraum – kurz EHDS – ist eine Initiative der Europäischen Union, die darauf abzielt, den sicheren und effizienten Austausch sowie die Nutzung von Gesundheitsdaten innerhalb der EU zu ermöglichen und zu fördern. Seit März dieses Jahres in Kraft, bietet die Verordnung Bürger*innen in der Europäischen Union (EU) die Möglichkeit, ihre Gesundheitsdaten sicher zu verwalten und zu nutzen. Das soll nicht nur die persönliche Gesundheitsversorgung der Bürger*innen verbessern, sondern auch Rahmenbedingungen für eine effiziente, grenzüberschreitende Versorgung und innovative Forschung schaffen.
Der EHDS soll vor allem für die Patient*innenversorgung neue Perspektiven eröffnen. „Der größte Vorteil des EHDS ist, dass Patient*innen in der EU künftig einen einfachen und sicheren Zugang zu ihren Gesundheitsdaten haben“, erklärt Helene Prenner, Programm- und Projektmanagerin der ELGA GmbH. „Damit bekommen wir als Patient*innen unsere Daten selbst in die Hand und können sie für unsere medizinische Versorgung verwenden, hier in Österreich aber auch in der gesamten EU.“ Wer beispielsweise im Urlaub oder auf Dienstreise medizinische Hilfe benötigt, kann seine Gesundheitsdaten unkompliziert bereitstellen. Das sorgt nicht nur für eine schnellere und präzisere Diagnose, sondern verhindert auch unnötige Doppeluntersuchungen. „Für Patient*innen bedeutet das mehr Sicherheit und bessere Behandlungsoptionen, da Ärzt*innen auf aktuelle Informationen zugreifen können“, sagt Helene Prenner. Das Gesundheitssystem profitiert von effizienteren Abläufen, weniger Bürokratie und einer besseren Nutzung von Ressourcen.
ELGA spielt eine wichtige Rolle im Aufbau des Europäischen Gesundheitsdatenraums. „Wir unterstützen den Aufbau des EHDS aktiv, indem wir die technische Infrastruktur bereitstellen und sicherstellen, dass die österreichischen Systeme nahtlos mit den europäischen Vorgaben harmonieren“, erklärt Prenner. Die ELGA GmbH bringe die langjährige Erfahrung mit der elektronischen Gesundheitsakte ein und arbeite eng mit nationalen und europäischen Partner*innen zusammen, um Interoperabilität und Datensicherheit zu gewährleisten.
Auch für die Forschung eröffnet der EHDS völlig neue Perspektiven. „Forscher*innen erhalten europaweit Zugang zu umfassenden Datenbasis – natürlich nur unter strengen Auflagen und in pseudonymisierter und anonymisierter Form“, erklärt Prenner. Diese Datenbasis ermöglicht es, Krankheiten besser zu verstehen und neue Therapien schneller zu entwickeln. Besonders in der personalisierten Medizin, der Behandlung seltener Erkrankungen und der Entwicklung neuer Medikamente könnten durch den EHDS signifikante Fortschritte erzielt werden. Die EU-Kommission hat bereits betont, dass der Zugang zu Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation und politische Entscheidungen klar geregelt und stets zweckgebunden erfolgen wird. Prenner sieht in diesem Bereich große Chancen: „Der EHDS wird Innovationen vorantreiben und eine schnellere Umsetzung neuer Therapien ermöglichen. Es handelt sich dabei um einen echten Innovationsschub, insbesondere in Bereichen, in denen heute noch viel Forschungspotenzial brachliegt.“
Die Vernetzung von Gesundheitsdaten auf europäischer Ebene bringt jedoch nicht nur Chancen, die Frage des Datenschutzes und der Datensicherheit steht im Zentrum der Diskussion. „Die Bedrohung durch Datenmissbrauch oder Hackerangriffe ist ernst zu nehmen, deshalb sind höchste Datenschutz- und Sicherheitsstandards unerlässlich“, betont Prenner. Der EHDS baut bereits auf der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf und sieht zusätzliche Schutzmechanismen wie Verschlüsselung, Transparenz und Zugriffskontrollen vor. „Die Bürger*innen behalten stets die Kontrolle über ihre Daten und haben das Recht, jederzeit zu erfahren, wer auf ihre Gesundheitsdaten zugreift und zu welchem Zweck“, so Prenner. „Besonders wichtig ist, dass die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung oder die Steuerung des Gesundheitssystems nur in pseudonymisierter oder anonymisierter Form erfolgt, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind.“ Diese Maßnahmen seien entscheidend, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten und das Vertrauen der Bevölkerung in die digitale Gesundheitsversorgung zu stärken.
In den kommenden Jahren wird die digitale Transformation des Gesundheitssystems weiter an Fahrt gewinnen. „Das größte Thema wird der ‚Health Workforce Gap‘ sein: ein stark steigender Bedarf an medizinischer Versorgung bei gleichzeitigem Mangel an Fachkräften“, erklärt Prenner. Hier könnte die Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielen. „In den nächsten Jahren werden insbesondere der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Big Data und die stärkere Einbindung der Patient*innen das österreichische Gesundheitssystem prägen. Diese Technologien können dabei helfen, Prozesse effizienter zu gestalten und die Versorgung individueller und zugänglicher zu machen“, so Prenner. Voraussetzung für diese Entwicklung ist, dass weiterhin konsequent in sichere und interoperable Systeme investiert wird und Innovationen rasch in die Praxis umgesetzt werden.
Fotos: Titelbild Helene Brenner © Florian Reichl; Symbolbild © Freepik