Rechtswidrige oder gefälschte Online-Bewertungen können dem Ruf von Ärzt*innen und Spitälern erheblich schaden. Mit einer klaren Strategie und professioneller Unterstützung lässt sich wirksam dagegen vorgehen.
Text: Rosi Dorudi
Online-Bewertungen sind längst ein zentraler Bestandteil der digitalen Gesundheitskommunikation. Für Patient*innen bieten sie wertvolle Orientierung bei der Wahl medizinischer Leistungen – für Behandelnde können sie jedoch zur Belastung werden, insbesondere wenn es sich um rechtswidrige oder gezielt gefälschte Einträge handelt. Verbraucherschützer warnen schon länger vor unseriösen Plattformen, die gezielt Patient*innen – oft über soziale Medien – ansprechen. Dr.in Maria Windhager, eine der profiliertesten Medienanwältinnen Österreichs mit Schwerpunkt auf Persönlichkeits- und Medienrecht, rät: „Betroffene sollten nicht zögern, sondern strukturiert und möglichst rasch reagieren – rechtlich, aber auch organisatorisch. Es gibt gute Möglichkeiten, sich zu wehren – man muss sie nur entschlossen nutzen.“
Wird eine Fake-Bewertung entdeckt, empfiehlt Windhager ein systematisches Vorgehen: Inhalte sichern, die Plattform informieren und anschließend rechtliche Schritte prüfen. „Wichtig ist, dass rechtswidrige Inhalte rasch und dauerhaft entfernt werden“, betont sie. Ob sich ein Verfahren lohnt, müsse im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden – insbesondere im Hinblick auf Kosten und Erfolgsaussichten. „Die Grundlage dafür ist eine lückenlose Beweissicherung“, ergänzt die Juristin. „Im Idealfall sollte der gesamte Äußerungszusammenhang, in dem ein rechtswidriger Inhalt verbreitet wurde, nachvollziehbar dokumentiert werden.“
Dazu gehören insbesondere das Datum der Abrufbarkeit und der konkrete Veröffentlichungsort. „Nur so können Screenshots oder Links später auch vor Gericht als Beweismittel verwendet werden.“ Ob man zivil- oder strafrechtlich gegen eine Fake-Bewertung vorgeht, hängt immer vom konkreten Fall ab. „Bei Offizialdelikten agiert die Staatsanwaltschaft von Amts wegen nach einer Anzeige“, erklärt Windhager. Bei Privatanklagedelikten liegt das Vorgehen in der Verantwortung der betroffenen Person. „Grundsätzlich können straf- und zivilrechtliche Ansprüche parallel geltend gemacht werden – etwa auf Unterlassung oder Schadenersatz. Es ist ratsam, im Einzelfall zu entscheiden, wie man taktisch am klügsten vorgeht“, betont die Expertin. Eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene im Gesundheitswesen ist die Ombudsstelle der Ärztekammer Wien. „Sie verfügt über ein breites Fachwissen und bietet zugleich ein niederschwelliges Beratungsangebot.“ In komplexen Fällen werden auch Jurist*innen wie sie hinzugezogen, um rechtliche Optionen zu bewerten oder Verfahren zu begleiten. „Das hat sich in der Praxis als sehr hilfreich erwiesen.“
Es gibt gute Möglichkeiten, sich zu wehren – man muss sie nur entschlossen nutzen.
Dr.in Maria Windhager
Seit vergangenem Jahr sorgt der Digital Services Act (DSA) europaweit für strengere Regeln bei der Meldung und Löschung rechtswidriger Inhalte auf Online-Plattformen. „Die Bereitschaft zur Löschung ist dadurch zwar leicht gestiegen, dennoch braucht es weiterhin viel Durchhaltevermögen, bis Inhalte tatsächlich entfernt werden“, stellt Windhager fest.
Plattformen wie Google und Facebook zeigen sich dabei kooperativer, während insbesondere bei X (ehemals Twitter) und Telegram nach wie vor große Hürden bestehen. „Ich empfehle, Inhalte mehrfach zu melden und bei Bedarf Einspruch zu erheben, um überhaupt eine Reaktion zu erzielen“, so die Juristin. Ein besonders heikler Aspekt bleibt die Identitätsfeststellung anonymer Verfasser*innen. „Obwohl gesetzliche Anpassungen in der Strafprozessordnung und im E-Commerce-Gesetz Verbesserungen bringen sollten, ist die Praxis eher ernüchternd“, sagt Windhager. Behörden agierten vielfach zu langsam und seien wenig erfolgreich. Auch das Auskunftsverfahren nach dem ECG werde von Gerichten nur sehr schleppend bearbeitet. „Insgesamt ist die Lage noch unbefriedigend – hier gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf“, sagt Windhager.
Neben rechtlichen Maßnahmen plädiert Windhager auch für vorbeugende Strategien: „Medizinisches Personal sollte wissen, dass es sich wehren kann – und wo es Unterstützung findet.“ Im Ernstfall sei es entscheidend, schnell zu handeln – mit klaren Prozessen, definierten Zuständigkeiten und juristischer Rückendeckung. Auch politisch sieht Windhager Handlungsbedarf: Beratungsangebote müssten ausgebaut, Wissen besser vermittelt und Gerichte gezielter geschult werden. „Die Behörden und Gerichte müssen an Tempo zulegen und professioneller werden“, fordert Windhager. Nur so können medizinisches Personal und Behörden gemeinsam eine starke Präventionskultur etablieren, Risiken frühzeitig erkennen und Reputationsschäden im Gesundheitswesen wirksam vorbeugen.
Fake-Bewertungen von Ärzten können in Österreich strafrechtlich relevant sein, wenn sie Tatbestände wie Beleidigung (§ 115 StGB), üble Nachrede (§ 111 StGB) oder Verleumdung (§ 297 StGB) erfüllen, insbesondere wenn unwahre Tatsachenbehauptungen den Ruf des Arztes schädigen; auch Betrug (§ 146 StGB) und Täuschung (§ 108 StGB) kommen in Betracht, wenn solche Bewertungen gezielt zur Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils eingesetzt werden, wobei die Beweisführung hier oft schwierig ist. Zivilrechtlich stehen Ärzten Ansprüche auf Unterlassung und Löschung (§ 1330 ABGB) sowie auf Widerruf und Schadenersatz zu, sofern durch die Fake-Bewertung ein konkreter wirtschaftlicher Schaden entstanden ist; entscheidend ist dabei stets die Nachweisbarkeit des Schadens und der unwahren Tatsachenbehauptung.
Fotos: Freepik (Titelbild); Maria Windhager