Digitale Tools, neue Lernmethoden und der zunehmende Einsatz Künstlicher Intelligenz transformieren die Ausbildung in Gesundheits- und Pflegeberufen und damit langfristig auch die Pflegepraxis selbst.
Text: Rosi Dorudi
Künstliche Intelligenz gewinnt in der Pflegeausbildung zunehmend an Bedeutung. Sie erweitert nicht nur Lehrmethoden, sondern optimiert auch Lernprozesse, wodurch die Ausbildung effizienter, praxisorientierter und vor allem an aktuelle Anforderungen angepasst werden kann. An der FH Joanneum in Graz ist KI bereits fest in die Ausbildung angehender Pflegekräfte integriert. Ziel ist es, einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Technologie zu vermitteln. „Mit dem Durchbruch von ChatGPT Ende 2022 ist das Thema KI bei uns richtig ins Rollen gekommen“, erinnert sich DGKP Christoph Palli, Dozent am Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege. „Anfangs waren wir begeistert von den neuen Möglichkeiten, zugleich aber auch vorsichtig, insbesondere wegen der Risiken unreflektierter Nutzung der Studierenden in ihren wissenschaftlichen Arbeiten.“ Heute setzt die FH Joanneum KI gezielt und strukturiert ein. „Studierende dürfen ChatGPT als Hilfsmittel nutzen, müssen aber transparent machen, wie sie es einsetzen“, so Palli. „Dadurch lernen sie, KI-generierte Inhalte kritisch zu prüfen und verantwortungsvoll zu verwenden.“
Im Fokus stehe dabei die Förderung analytischer Kompetenzen und wissenschaftlicher Arbeitsweisen. KI-gestützte Lernplattformen und Simulationen ermöglichen zudem praxisnahes Training. „Auszubildende können komplexe Pflegesituationen in virtuellen Fallbeispielen analysieren, Checklisten erstellen oder sich auf bestimmte Herausforderungen vorbereiten“, erläutert Palli. Die intelligente Lernmethode stärkt die Handlungssicherheit und ermöglicht Lernfortschritte durch Fehleranalyse, ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt.
KI kann wertvolle Impulse geben, die Verantwortung für patientenzentriertes Handeln bleibt jedoch immer beim Menschen.
DGKP Christoph Palli
Ein zentraler Schulungsfaktor ist die gezielte Sensibilisierung der Studierenden für Chancen und Grenzen von KI. „Pflege ist und bleibt ein menschlicher Beruf. Studierenden muss klar sein: KI kann unterstützen, niemals jedoch menschliche Empathie oder Beziehungsarbeit ersetzen“, betont Palli. „Im Unterricht reflektieren wir daher, wie zuverlässig KI-generierte Lösungen sind.“ Dazu erarbeiten Studierende beispielsweise Maßnahmen für sturzgefährdete Patient*innen mithilfe von KI und diskutieren anschließend, wo die Vorschläge sinnvoll sind und wo Risiken bestehen. Palli: „KI kann wertvolle Impulse geben, die Verantwortung für patient*innenzentriertes Handeln bleibt jedoch immer beim Menschen.“ Bereits heute ist KI in zahlreichen Pflegebereichen etabliert, etwa bei der Verwaltung von Medikamenten, dem Generieren von Patient*innendaten, der Überwachung wichtiger Vitalparameter oder auch der Kommunikation mit den betreuten Personen. „Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels in der Pflege wird der Einsatz dieser Technologie immer wichtiger“, sagt Palli, der neben seiner Lehrtätigkeit regelmäßig auf Fachveranstaltungen über Potenziale und Herausforderungen von KI in der Pflege spricht. „KI erleichtert nicht nur die tägliche Arbeit des Pflegepersonals, sondern schafft auch mehr Raum für die zwischenmenschliche Zuwendung.“
Die FH Joanneum engagiert sich auch auf Forschungsebene für den sinnvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Pflegepraxis: „Einer unserer Schwerpunkte liegt auf dem Einsatz von KI in der Betreuung von Menschen mit Demenz. Gemeinsam mit Projektpartnern haben wir vor Kurzem einen Antrag bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) eingereicht – denn gerade in diesem Bereich bietet die Technologie vielversprechende Möglichkeiten, den kognitiven Abbau frühzeitig zu erkennen und gezielte Unterstützungsmaßnahmen einzuleiten“, berichtet Palli.
In Österreich bestehe noch viel Aufholbedarf im Umgang mit KI in der Pflege, fügt er hinzu. „Das muss sich dringend ändern, um das Wohl der Patient*innen zu sichern.“ Wichtig sei eine offene Haltung gegenüber Innovationen – denn nur so könne das Potenzial moderner KI-Systeme in der Pflege endlich voll ausgeschöpft und im Interesse der Betroffenen genutzt werden. Hier sei auch die Politik sei gefordert: Es brauche gezielte Maßnahmen, um angesichts des demografischen Wandels die Digitalisierung in der Pflege zügig und nachhaltig voranzubringen.
Fotos: Titelbild © Pixabay; Expertenbild © Fabian Hasler