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Moderne Labordiagnostik

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Digitalisierung, Automatisierung und Expertise revolutionieren die Qualität medizinischer Analysen. Ein Gespräch mit Univ.-Prof. Dr. Stylianos Kapiotis, Geschäftsführer von Labcon, über Chancen, Herausforderungen und den menschlichen Faktor im Labor.

Text: Rosi Dorudi

Ein Barcode auf dem Patientenarmband, ein Klick im System – und schon weiß das Labor im Taba Tower, welche Analysen nötig sind. Was nach Zukunftsmusik klingt, wird bei Labcon, dem hochspezialisierten Anbieter von medizinischen Services und Labordienstleistungen in Wien, längst umgesetzt. Doch hinter der scheinbar reibungslosen Automatisierung steckt weit mehr als nur moderne Technik. „Ohne unsere Fachleute wäre die Diagnostik nicht verlässlich“, betont der Geschäftsführer.

Der Weg zum Hightech-Labor

Als die Vinzenz Gruppe 2006 ihre Laborleistungen bündeln wollte, war die Vision klar: einheitliche Abläufe, höhere Qualität. „Damals arbeitete jedes Krankenhaus der Gruppe mit einem anderen Partner zusammen“, erinnert sich Kapiotis. 2012 wurde schließlich die Labcon gegründet – mit fünf medizinisch-technischen Assistent*innen im Göttlicher Heiland Krankenhaus. Heute beschäftigt das hundertprozentige Tochterunternehmen der Vinzenz Gruppe rund 70 Mitarbeiter*innen und ist im modernen Taba Tower im 10. Wiener Bezirk angesiedelt. „Auf zwei Stockwerken finden sich hier Administration, Laborräume, ein molekularbiologisches Labor und ein Hygienekompetenzzentrum“, berichtet Kapiotis. Im Göttlichen Heiland läuft zudem ein 24-Stunden-Dienst – aufgrund der dortigen Stroke Unit gesetzlich vorgeschrieben. „Das bedeutet viel Logistik quer durch Wien. Aber wenn es um Schlaganfallversorgung geht, ist schnelle Diagnostik rund um die Uhr unverzichtbar."

Schnelligkeit allein reicht jedoch nicht – ein modernes Labor muss vor allem sicher sein. Für Kapiotis liegt der Schlüssel in der Digitalisierung: „Bei Labcon werden die Laboranforderungen über ein SAP-basiertes System elektronisch erfasst und automatisch verarbeitet.“ Herzstück der Modernisierung ist ein neues Sicherheitssystem: Jedes Probenröhrchen trägt einen eindeutigen Barcode, der auch auf dem Patient*innenarmband zu finden ist. „Verwechslungen oder falsche Analysen können dadurch ausgeschlossen werden – gerade bei Blutgruppen ein lebenswichtiger Fortschritt", erklärt Kapiotis.

Stylianos Kapiotis (c) labcon

Fachleute bleiben das entscheidende Bindeglied. Sie sichern die Qualität, prüfen die Plausibilität und erkennen, wenn etwas nicht stimmt.

Univ.-Prof. Dr. Stylianos Kapiotis

Geschäftsführer von Labcon

Referenzwert für Kinder

Auch im Bereich der Referenzwerte für Kinder zeigt sich die Modernität des Labors. „Es stimmt nicht ganz, dass es keine validen Kinder-Referenzwerte gibt“, sagt Kapiotis in Bezugnahme auf die kürzlich erschienene Studie der MedUni Wien. „Das kanadische CALIPER-Projekt (Canadian Laboratory Initiative on Pediatric Reference Intervals) ist die international führende Initiative zur Erhebung und Bereitstellung von alters- und geschlechtsspezifischen Laborreferenzwerten für Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, die Diagnosesicherheit und Therapiequalität im Kindesalter durch valide Normalwerte für zahlreiche Laborparameter zu verbessern.“ Die Nutzung der CALIPER-Datenbank werde von Fachgesellschaften empfohlen, da sie labor- und methodenübergreifende Vergleichbarkeit erhöhe und die Diagnosesicherheit bei jungen Patient*innen verbessert. „Bei Labcon orientieren wir uns an der laufend aktualisierten CALIPER-Datenbank.“ Gerade im St. Josef Krankenhaus mit seiner großen Neonatologie sei diese Spezialisierung unverzichtbar. „Dass es in niedergelassenen Laboren häufig an spezifischen Referenzwerten für Kinder mangelt, kann ich mir aber gut vorstellen“, sagt Kapiotis. „Laut IVD-Richtlinie müssen Labors grundsätzlich die von den Firmen vorgegebenen Referenzwerte übernehmen – diese basieren jedoch meist auf Erwachsenenwerten. Und für neue Geräte schaffen es die Firmen kaum, eigene Kinderreferenzbereiche zu erheben.“ Umso wichtiger sei es, so Kapiotis, „dass man sich hier nicht starr an Vorgaben hält, sondern bei Bedarf auf die CALIPER-Datenbank mit validen Kinderwerten zurückgreift.“

Das Problem mit dem Fachkräftemangel

Technik ersetzt jedoch keine Expertise – sie verstärkt sie. „Fachleute bleiben das entscheidende Bindeglied“, betont Kapiotis. „Sie sichern die Qualität, prüfen die Plausibilität und erkennen, wenn etwas nicht stimmt.“ Genau diese Unverzichtbarkeit qualifizierter Mitarbeiter*innen macht den Fachkräftemangel zu einer der größten Herausforderungen der Branche. „Vor ein paar Jahren hatten wir Mühe, den Betrieb aufrechtzuerhalten“, erinnert sich der Geschäftsführer. Dank gezielter Initiativen der Vinzenz Gruppe habe sich die Lage jedoch entspannt. „Über soziale Medien wie Instagram konnten wir junge Menschen gezielt ansprechen und so wieder viele motivierte Kolleg*innen gewinnen.“ Mit dem steigenden Analyseaufkommen wachse aber der Anspruch an Technologie und Personal. „Die Zahl der Proben hat sich in den letzten Jahren vervielfacht – ohne moderne Systeme und gut geschulte Mitarbeiter*innen wäre das nicht zu bewältigen“, konstatiert Kapiotis abschließend.

 Fotos: Titelbild von Freepik; Porträt (c) Labcon

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