Am 5. Mai ist Welttag der Handhygiene. Regelmäßige Schulungen sind zentral, Anreizsysteme sollen Qualität und Quantität der Händedesinfektion in Gesundheitseinrichtungen steigern.
Text: Karin Lehner
In Österreich erkranken hochgerechnet etwa fünf von 100 Personen an einer Infektion, die mit einer medizinischen Behandlung oder einem Aufenthalt in einer Gesundheitseinrichtung in Verbindung gebracht werden kann. Auch in deutschen Krankenhäusern infizieren sich jährlich bis zu 600.000 Patient*innen mit nosokomialen Keimen: Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumonaie, Acinetobacter baumanni, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter. Neben erhöhtem Leid für Betroffene und einem Sterberisiko für Vulnerable hat das auch wirtschaftliche Folgen. Die zusätzlichen Behandlungskosten betragen pro Infektionsfall im Schnitt 11.000 Euro, weil Patienten*innen länger im Spital bleiben müssen. Am 5. Mai 2025, dem Welttag der Handhygiene, rückt das Thema wieder in den Fokus der Öffentlichkeit.
Hygiene-Forscher*innen der Universität Rostock erproben derzeit ein neues vernetztes Anreiz-System in punkto Handhygiene. Letztere ist die wirksamste Maßnahme zur Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen, denn bis zu 80 Prozent aller Infektionserreger werden über die Hände übertragen. Also braucht es eine effektive Infektionskontrolle. Das Institut für Informatik der Uni Rostock entwickelt gemeinsam mit dem Helios Hanseklinikum Stralsund und anderen Partner*innen ein intelligent vernetztes Anreiz- und Dokumentationssystem zur kontinuierlichen Überwachung der Händehygiene. Es besteht aus digitalen Gesundheitswächtern und integrierter Gebäudetechnik. Das Projekt trägt dem Namen DiSH-O-Klin (digitale Simulation von Hygiene- und Optimierungsmaßnahmen für den Klinikbetrieb).
Basis ist die Erfassung von Händedesinfektionen über ein digitales Namensschild. Die Desinfektions-Mittel-Spender wurden mit Bluetooth-Sendemodulen ausgestattet, die bei Benutzung eine Händedesinfektion verbuchen. Das Namensschild zeigt auch die Anzahl der am Tag durchgeführten Händedesinfektionen an und kommuniziert den Status mit Hilfe von Smileys. Die Sichtbarkeit ist für das Personal und Patient*innen wichtig, um das Bewusstsein für Händehygiene zu erhöhen. Außerdem wird erforscht, welche messbaren Daten von den digitalen Gesundheitswächtern und Sensoren in der Umgebung zusätzlich genutzt werden können, um exakte Hygieneparameter zu messen und Optimierungsmaßnahmen für den Klinikbetrieb abzuleiten.
Mangelnde Händedesinfektion führt auch zur Übertragung und Ausbreitung multiresistenter Erreger.
Univ.-Prof.in Dr.in Elisabeth Presterl
Auch in Österreich muss die Wichtigkeit der Handhygiene immer wieder betont werden. Das bestätigt Dr.in Elisabeth Presterl, Professorin für Hygiene und Klinische Mikrobiologie und Leiterin der Universitätsklinik für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle der MedUni Wien. „Die regelmäßige Schulung von Händehygiene ist wichtig, weil es im Gesundheitswesen eine Personalfluktuation gibt. Erinnerungen unterstützen das Durchführen von Händehygiene, denn Bakterien sind unsichtbar.“ Wer sich an die WHO-Empfehlung zur Desinfektion halte, „reduziert bei korrekter Durchführung alle krankmachenden Bakterien“.
Auch in Österreich infizieren sich viele Menschen im Spital. Die Prävalenz von mit dem Gesundheits-system assoziierten Infektionen liegt bei fünf Prozent. „Mangelnde Händedesinfektion führt außerdem zur Übertragung und Ausbreitung multiresistenter Erreger“, so Presterl. Korrekte Handhygiene verhindert das wie den Einsatz von Antibiotika. „Unkritischer Gebrauch von Letzteren führt zur Selektion von resistenten Erregern.“ Erfolgen keine Infektionen, wird der Kreislauf durchbrochen. Prävention und Verhinderung der Ausbreitung ist die Aufgabe von Hygieneteams in allen heimischen Spitälern. „Krankenhaushygiene reduziert das Auftreten von mit dem Gesundheitssystem assoziierten Infektionen um mehr als 30 Prozent.“
Zielpublikum sind Mitarbeiter*innen aus Hygieneteams sowie Qualitätsbeauftragte von Krankenanstalten.
Priv.-Doz.in DDr.in Reinhild Strauss, MSc
2009 initiierte die WHO den Internationalen Tag der Händehygiene, unter dem Motto „Save Lives: Clean Your Hands“. Der 5. 5. wurde bewusst gewählt, denn das Datum symbolisiert die fünf Finger einer Hand. Am globalen Aktionstag finden in vielen heimischen Spitälern Informations-Veranstaltungen statt. Außerdem wird hier die Arbeit der Hygieneteams in medizinischen Einrichtungen gewürdigt. Österreich bekennt sich offiziell zur Unterstützung der WHO-Aktivität, unterschrieb das entsprechende Dokument und veranstaltet jährlich ein Symposium in punkto Hygiene und Infektionsprävention. Heuer findet es am 6. Mai statt. Priv.-Doz.in DDr.in Reinhild Strauss, MSc, leitet die Abteilung für Public Health, antimikrobielle Resistenz (AMR), Gesundheitssystem-assoziierte Infektionen und Spitalshygiene im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMASGPK). „Zielpublikum sind Mitarbeiter*-innen aus Hygieneteams sowie Qualitätsbeauftragte von Krankenanstalten. Jährlich nehmen rund 150 Personen teil, Tendenz steigend.“
Die Expert*innen des BMASGPK implementierten gemeinsam mit den Bundesländern und der Sozialversicherung im Rahmen der Bundeszielsteuerung den Qualitätsstandard für Krankenhaus-hygiene. Außerdem wurde die Nationale Referenzzentrale für Krankenhaushygiene an der MedUni Wien ins Leben gerufen. Auch in den AMR- Aktionsplänen von der WHO, EU und Österreich steht Händehygiene als oberste Priorität festgeschrieben. Hygieniker*innen in Spitälern und Gesundheitseinrichtungen arbeiten täglich an der Umsetzung.
Fotos: Reinhild Strauss (c) Kati Bruder; Elisabeth Presterl (c) MedUni Wien/Matern