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Gesundheit
Österreich
16.11.2022

„Die digitale Transformation ist kein Selbstzweck“

Was macht ein Krankenhaus zum Smart Hospital? Welchen Nutzen hat der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für das Gesundheitswesen? Über Fragen wie diese sprach INGO mit Felix Nensa von der Universitätsmedizin Essen, die im deutschen Ruhrgebiet bereits seit 2015 mit Riesenschritten in Richtung Smart Hospital unterwegs ist.

Inklusive ihrer vier Tochterkliniken umfasst die Universitätsmedizin Essen 32 Spitäler und 24 Institute, den Boden für die sektorenübergreifende digitale Vernetzung bereitet ihr die eigene „Smart Hospital Information Platform“ (SHIP). Nensa, Informatiker und Radiologe sowie Professor für Radiologie mit dem Schwerpunkt künstliche Intelligenz an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen, leitet sie.  

INGO: Herr Professor Nensa, werden die Digitalisierung und KI die Medizin verändern? 

Felix Nensa: Sie verändern die Medizin schon jetzt. Wir haben im klinischen Alltag wesentlich mehr KI im Einsatz, als den meisten bewusst ist. Das reicht von Spracherkennungssystemen bei der Administration bis hin zu modernen Scannern. Die haben bereits jede Menge KI an Bord, etwa zur Patient*innenpositionierung. Allgegenwärtig sind auch so genannte Predictive-Maintenance-Programme. Das sind vorausschauende Instandhaltungs-Tools, die durch permanente Datenüberwachung Wartungs- und Reparaturbedarf zum Beispiel von CT- oder Röntgen-Röhren erkennen, noch bevor diese Probleme machen können. Da ist also im Hintergrund schon ganz viel KI am Werk.

Worüber jetzt hauptsächlich geredet wird, ist der Aspekt der medizinischen Entscheidungsunterstützung. Dass KI in der Lage ist, ohne Pause gigantische Mengen an Daten zu verarbeiten und in Scan-Aufnahmen kleinste Muster zu erkennen und zu interpretieren, hat fraglos ein Riesenpotenzial. Den größten Mehrwert wird KI in den nächsten Jahren allerdings bei den operationalen Prozessen im Krankenhaus haben. 

Welche Spitalsprozesse ließen sich durch KI besser steuern?

Ein großes ökonomisches und organisatorisches Problem für Spitäler sind beispielsweise nicht eingehaltene Termine bei Großgeräten wie MRT oder CT, im Herzkatheterlabor oder bei Endoskopien. Das sind teure Verfahren mit hochspezialisiertem Personal. Wenn die umsonst freigehalten werden, ist das ein erheblicher Schaden. Vielversprechend sind hier KI-Modelle zur so genannten No-Show-Prediction, der evidenzbasierten Vorhersage der Nichteinhaltung eines solchen Termins. Dieser Ansatz, der retrospektive Daten und deskriptive Statistiken einbezieht, zielt auf eine begründete Terminüberbuchung ab. Ziel ist die Reduktion von Wartezeiten, Überstunden und Gesamtkosten. 

"Vielversprechend sind KI-Modelle zur so genannten No-Show-Prediction, der evidenzbasierten Vorhersage der Nichteinhaltung eines Termins."

Darüber hinaus ermöglicht KI eine bessere Zeitplanung. Anhand von Patient*innendaten kann sie nämlich einschätzen, wie lange so eine Untersuchung dauert. Das kann sehr unterschiedlich sein, je nachdem ob wir es mit einem fitten Menschen zu tun haben, der Anweisungen problemlos ausführen kann, oder mit jemandem, der gebrechlich und schwierig zu lagern ist. Nach demselben Prinzip ließe sich auch die Bettenbelegung im Spital individualisiert planen. Müsste man nicht so wie heute Durchschnittswerte heranziehen, könnte man die vorhandenen Kapazitäten optimaler auslasten. KI bringt im Wesentlichen bedeutend mehr Effizienz und damit verbunden auch eine Entlastung des Personals. Das allergrößte Problem im Gesundheitswesen ist ja die zunehmende Verschärfung des Fachkräftemangels. Eine umfassende digitale Vernetzung unter Einsatz von KI kann verhindern, dass Fachkräfte Zeit mit Tätigkeiten verbringen müssen, für die sie überqualifiziert sind oder die sie von ihren Kernaufgaben abhalten. 

Warum sind wir noch nicht so weit?

Das Know-how haben wir natürlich längst. KI-Software zu bauen und anhand von Daten für bestimmte Zwecke zu trainieren ist technisch relativ einfach. Das Haupthindernis ist, dass die IT- und die Dateninfrastruktur der Häuser den Möglichkeiten weit hinterherhinken und die Datenqualität beziehungsweise die Art, wie Daten vorgehalten werden, zu wünschen übrig lässt. Digitale Daten werden auf verschiedene Systeme verteilt, die nicht gut miteinander verbunden sind. Vieles wird immer noch in Papierform dokumentiert. Für die angesprochene Effizienz brauchen Sie aber hochwertige, tadellos strukturierte, maschinenlesbare Daten. Informatiker*innen nennen das semantische Interoperabilität. Das ist das Zauberwort. Sie macht es möglich, relevante Informationen ohne Zeitverzug oder Qualitätsverlust über Systemgrenzen hinweg auszutauschen. Wenn etwa eine österreichische Patientin im Urlaub wegen eines Akutfalls zu uns ins Universitätsklinikum Essen käme und die von uns begonnene Behandlung später an ihrem Wohnort weitergeführt werden soll, könnte ich – wenn ich semantisch interoperable Daten hätte – mit einem Mausklick ihre sämtlichen Untersuchungsergebnisse und Laborwerte in ihrem heimatlichen Versorgungssystem landen lassen. Genau richtig eingeordnet  und in einer Qualität, als ob sie dort vor Ort generiert worden wären. Wie wir alle wissen, geht das nicht. So vorausschauend war man bei der Planung der Gesundheits-IT nicht, dass man frühzeitig in sie investiert hätte, und das behindert uns jetzt massiv.    

Wie gut sind Mediziner*innen für den Umgang mit KI-Software gerüstet?

Leider nicht gut genug. Ärzt*innen sind oftmals nicht per se informatik- oder technikaffin, schließlich ist das in der Regel nicht ihr erstes Interesse. Es ist auch nicht in allen Fällen ein Problem. Wenn KI ärztliches Handeln beeinflusst, allerdings schon. KI kann Muster aufspüren, sie in Beziehung setzen und darauf basierend Empfehlungen abgeben, aber die klinische Entscheidung sollte trotzdem immer der Mensch fällen. Es geht um die Gesamtsynthese. Dazu müssen Fachärzt*innen grundsätzlich verstehen, wie die KI zu ihrem Ergebnis kommt. Wenn die KI bloß etwas ist, das eine Zahl ausspuckt, die sie nicht beurteilen können, müssten sie mit ihren Patient*innen quasi nach dem Motto „Friss oder stirb“ verfahren. Das geht natürlich nicht. Außerdem muss man den Patient*innen vermitteln, welche Parameter zu genau dieser oder jener Behandlungsentscheidung geführt haben. Da kann man ja als Ärztin nicht sagen, ich verstehe das selbst nicht. Im Einzelfall kann es außerdem Gründe geben, einen Vorschlag der KI auch einmal nicht anzunehmen. Tatsächlich beginnt der Bedarf an KI-Know-how aber schon bei der Beschaffung. Um aus einer Anzahl kostspieliger Großgeräte oder Softwaresysteme das richtige für die spezifischen Ansprüche und Fragestellungen der eigenen Abteilung zu ordern, sind Hochglanzprospekte und die ausgewählten Statistiken der Handelsvertreter*innen zu wenig. 

"Man wird sich auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwieweit wir KI-Inhalte ins Medizinstudium integrieren."

KI ist ein tolles Werkzeug, nimmt den Mediziner*innen aber keineswegs die ganze Arbeit ab. Vor allem brauchen sie KI-Kompetenz, um sie nutzen zu können. Diese muss man vermitteln. Man kann das mit dem Anspruch vergleichen, dass etwa Radiolog*innen MRT-Physik verstehen müssen. Natürlich nicht in dem Ausmaß, um selbst ein MRT-Gerät zu bauen, aber das physikalische Wissen muss auf jeden Fall groß genug sein, um fragwürdige Daten zu erkennen oder daraus eine mögliche Gefahr für einen Patienten oder eine Patientin abzuleiten, dafür Handlungsoptionen parat zu haben und dergleichen. Dasselbe gilt für KI-Wissen. In der AG Informationstechnologie der Deutschen Röntgengesellschaft konzipieren wir gerade einen KI-Führerschein für Ärzt*innen aller Fachrichtungen. Da wird es verschiedene Qualifizierungsstufen und Zertifikate geben und – ganz wichtig – praktische Übungen. Ich bin ein Fan von Hands-on-Erfahrungen, weil die Materie doch sehr theoretisch ist. Wer selbst einmal einen KI-Algorithmus trainiert hat, versteht besser, wo die entscheidenden Parameter liegen. Abgesehen von solchen Weiterbildungen wird man sich auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwieweit wir KI-Inhalte ins Medizinstudium integrieren. In Deutschland etwa hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit ki-campus.org eine große KI-Strategie im Ausbildungsbereich gestartet.  

Was ist mit den Schattenseiten der Digitalisierung? Wie geht man im klinischen Kontext verantwortungsvoll mit Patient*innendaten um? 

In puncto Datenschutz gibt es bereits wirksame Strategien und Regulierungen, in diesem Punkt sind wir also recht gut aufgestellt. Das ist ja auch kein neues Thema. Was aber bei KI eine Rolle spielt, ist die ethische Ebene, die Frage der Gerechtigkeit. Wer heutzutage etwa mit einem Herzinfarkt ins Spital eingeliefert wird, wird behandelt wie ein 50 bis 60 Jahre alter weißer Mann. Wenn Sie aber eine 37-jährige Frau sind mit afrikanischen Wurzeln, kann das relativ weit weg von Ihren Rahmenbedingungen sein. Das liegt daran, dass die großen Studien dazu früher vor allem in Nordamerika und Europa durchgeführt wurden und damals betrafen diese Vorfälle überwiegend Männer in einem bestimmten Alter. Heutige Kenntnisse, die aus diesen Studien abgeleitet werden, setzen sich in der KI klarerweise fort. Sie wird ja mit den verfügbaren Daten trainiert

Ebenso muss man sich auf den Philippinen oder in Südamerika fragen, ob die Daten der Kinderhände, die wir hier in Essen im Zuge von Wachstumsstörungsstudien generiert haben, dort funktionieren. Daraus folgt, dass man diesen so genannten Data Drift im Umgang mit KI immer beachten muss. Passen diese Daten für mein Patient*innenkollektiv oder nicht? Kann ich sie vielleicht eingeschränkt nutzen, brauche ich eine extra Validierungsstudie? Wie beschreibe ich meine eigenen Studiendaten, damit andere sie in dieser Hinsicht beurteilen können? Auch das ist Teil von KI-Aus- und Weiterbildungen für Ärzt*innen.

Ihr Fachgebiet und Forschungsschwerpunkt als Mediziner ist die Radiologie. Ist die Radiologie das am weitesten fortgeschrittene Gebiet in puncto KI-Einsatz?

Ja, das ist ganz sicher so. Wenn man sich ansieht, welche KI-Produkte in der Medizin für den klinischen Einsatz zugelassen wurden, so findet sich mehr als die Hälfte davon in der Radiologie. Das liegt daran, dass die Radiologie schon sehr weit ist, was die Digitalisierung und die vorhin erwähnte semantische Interoperabilität angeht. Hier gibt es schon seit den 1980er-Jahren ein standardisiertes Datenaustauschformat, das es ermöglicht, radiologische Daten per Mausklick einzulesen, zu versenden und anderswo zu verwenden. Diese Verfügbarkeit einheitlicher maschinenlesbarer Daten macht die Radiologie für Entwickler von KI zweifellos attraktiv. Der andere Punkt ist, dass sich KI durch den Durchbruch so genannter Convolutional Neural Networks (CNN) in den letzten zehn Jahren außerordentlich gut zur Bildanalyse eignet. Last, not least finden sich in diesem Fach auch viele digitalaffine Ärzt*innen. 

Woran forschen Sie gerade? 

Am Institut für KI in der Medizin (IKIM), das Teil der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen ist, arbeiten wir intensiv am automatischen Markieren und Quantifizieren von Bildbereichen, etwa um die Größe und das Volumen eines Organs zu vermessen. Unter anderem haben wir eine KI entwickelt, die die Leber volumetriert, und zwar nicht nur das Gesamtorgan, sondern auch entlang bestimmter anatomischer Strukturen in ihrem Inneren, an denen ein Operateur oder eine Operateurin entlangschneiden würde. Die Universitätsmedizin Essen zählt zu den größten Zentren für Lebertransplantationen in Deutschland und hat besondere Expertise bei der Durchführung von Transplantationen bei Kindern und Jugendlichen, denen ein Elternteil Teile der eigenen Leber spendet. Hier muss man die jeweiligen anatomischen Gegebenheiten exakt kennen, um zu entscheiden, wie viele Anteile der elterlichen Leber das Kind bekommt. Manuell ist der Zeitaufwand dafür groß, unsere KI macht das automatisiert in der Sekunde.

Ein weiterer Forschungsfokus nennt sich Body Composition Analysis (BCA), das ist die Zerlegung von Schnittbildern in Kompartimente wie Muskulatur, Fettgewebe, Knochen, Organe und so weiter. Da gibt es wiederum Unterteilungen wie zum Beispiel in subkutanes, abdominales oder parakardiales Fettgewebe. Über bildbasierte Marker konnten wir zeigen, dass sich alleine aus dem Parameter „Verteilung des Fettgewebes“ unglaublich viel über die Verfassung von Patient*innen ableiten lässt. Bei Krebspatient*innen etwa ermöglicht es eine Prognose des Gesamtüberlebens. Auch ob bei jemandem ein schwerer Covid-19-Verlauf zu erwarten ist, kann man auf dieser Basis vorhersagen.

"Über bildbasierte Marker konnten wir zeigen, dass sich alleine aus dem Parameter "Verteiler des Fettgewebes" unglaublich viel über die Verfassung von Patient*innen ableiten lässt."

Unser dritter großer Arbeitsbereich sind Generative Adversarial Networks, die Aufnahmen nicht nur analysieren, sondern sogar neue, verbesserte Bilder erzeugen können. Wir haben zum Beispiel ein Patent angemeldet für ein Verfahren zur synthetischen Generierung einer MRT-Sequenz, der so genannten STIR-Sequenz mit der höchsten Flüssigkeitssensitivität. Das funktioniert so, dass wir die T1- und T2-Sequenz im Scanner akquirieren und aus diesen beiden die STIR-Sequenz automatisiert herstellen, und zwar so gut, dass auch Radiolog*innen nicht unterscheiden können, ob das jetzt ein tatsächlich akquiriertes oder von der KI erzeugtes Bild ist. Damit sparen wir ein Drittel an Zeit, die Geräteausnutzung ist besser und vor allem müssen unsere Patient*innen weniger lang im Scanner liegen.  

Sie sind Erfinder, Architekt, Leiter und Weiterentwickler der Smart Hospital Information Platform (SHIP) der Universitätsmedizin Essen. Was hat es mit dieser Plattform auf sich und inwiefern hängt sie mit dem Smart-Hospital-Projekt des Klinikverbunds zusammen? 

Die SHIP ist das Rückgrat und der technische Motor zahlreicher Smart-Hospital-Projekte an der Universitätsmedizin Essen. Wir haben vor etwa zehn Jahren mit ihrem Aufbau begonnen. Durch meinen Informatik-Hintergrund sprangen mir die Digitalisierungsdefizite in der Medizin sofort ins Auge, als ich in der Klinik zu arbeiten begann. Das war meine Motivation für diese Initiative und die Essener waren diesbezüglich sehr offen. Damals gab es den Begriff „Digital Health Platform“ noch nicht, aber SHIP hat sich im Grunde zu unserer eigenen Digital-Health-Plattform entwickelt. Und da sich die Universitätsmedizin Essen schon 2015 zur digitalen Transformation entschlossen hat, ist sie eine sehr weit gediehene. Mit unserer Infrastruktur haben wir durchaus ein Alleinstellungsmerkmal. Da wir die Voraussetzungen hinsichtlich der Art und Qualität der Datenspeicherung bereits geschaffen haben, können wir uns nun rein auf die Inhalte unserer Transformationsprojekte konzentrieren. 

Worum geht es bei den Transformationsprojekten? Wie sieht das durchdigitalisierte Krankenhaus der Zukunft aus?

Im Smart Hospital geht es um das Zusammenführen sämtlicher verfügbarer Gesundheitsdaten, ob prästationär, stationär oder poststationär. Alle vergangenen und zukünftigen Projekte drehen sich um einen sektorenübergreifenden Ansatz. Ein Beispiel: In diesem Moment, in dem wir miteinander sprechen, hängen ganz viele unserer Patient*innen an Infusionen. Da läuft ein Medikament hinein, aber wir haben keinen Sensor, also kann ich Ihnen nicht sagen, in der Kardiologie auf Zimmer 95 in Bett 2 bei Frau Müller ist gerade die Infusion XY zu 83 % eingelaufen, so und so viele Milliliter. Oder: Da gibt es gerade ein Problem, weil die Vene verstopft ist. Wäre das Ganze mit Sensorik ausgestattet, würden diese Daten selbstverständlich vorliegen. Es gibt noch unglaublich viel zu optimieren. Die digitale Transformation ist aber kein Selbstzweck, sondern eine Basis, um am Ende das Gesundheitssystem für die Patient*innen sowie – ebenfalls ganz wichtig – die Mitarbeiter*innen effizienter und zugleich menschlicher und attraktiver zu machen. 

Welche Pläne hat die Plattform für die nähere Zukunft?

Wir werden auf jeden Fall die SHIP weiter ausbauen, noch mehr Datenquellen anschließen und weitere Transformationsprojekte umsetzen. Im Sommer hatten wir 1,3 Milliarden Datensätze in unserer stetig wachsenden Plattform, damit kann man schon sehr viel machen. Mir geht es um ein holistisches System: Statt nur in einzelnen Kategorien zu denken wie Patient*innendaten, Lagerhaltungsdaten, Bettenauslastungsdaten und so weiter, gilt es das große Ganze inklusive der Schnittpunkte zu betrachten. So hat etwa die tagesaktuelle Bettenauslastung auch mit der Bevorratung der Küche zu tun. Wenn diese weiß, wie viele Diabetes- oder Allergiepatient*innen gerade da sind, kann sie gezielter einkaufen und muss weniger wegschmeißen. Umso besser, wenn die KI dann auch noch einschätzen kann, wie lange die jeweiligen Patient*innen bei uns sind. In diesem Sinne werden wir fortlaufend Verbesserungen implementieren, die der Prozesssteuerung zugutekommen.

Sie haben parallel Computerwissenschaften und Medizin studiert, wussten Sie schon früh, dass Sie diese Gebiete einmal kombinieren möchten? Was hat Sie dazu motiviert? 

Tatsächlich wusste ich das schon vor über 20 Jahren. Damals habe ich Zivildienst in einem Forschungsinstitut für Lungenkrebsfrüherkennung gemacht, da haben wir schon mit den ersten Verfahren gearbeitet, die heute KI genannt werden. Man konnte das damals noch nicht so gut anwenden, da Computer und Softwares noch nicht so leistungsfähig waren. Aber man hat schon irgendwie erkannt: wow, diese Technologie wird einmal großen Einfluss haben. Die Kombination mit Medizin ist für mich genau richtig, denn sie vereint meine Faszination für die Technik mit meinem Bedürfnis, auf der menschlichen Ebene etwas Sinnstiftendes zu machen. 

Interview: Uschi Sorz, Fotos: Klinikum Essen

Felix Nensa, Dr.

Professor für Radiologie mit dem Schwerpunkt künstliche Intelligenz an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen

Nensa studierte von 2001 bis 2004 Computerwissenschaft an der Universität Hagen und parallel Medizin (2001–2007) an der Ruhr-Universität Bochum und der Université Louis-Pasteur in Straßburg. Danach arbeitete er bis 2011 in einem von ihm mitgegründeten IT-Start-up, 2013 wurde er in Medizin promoviert. Er ist leitender Oberarzt für thorakale Bildgebung und Digitalisierung am Universitätsklinikum Essen und leitet außerdem die Gruppe KI und intelligente Krankenhausinformationsplattform an der Universitätsmedizin Essen. Seit 2022 ist er Professor für Radiologie mit dem Schwerpunkt künstliche Intelligenz (KI) an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen.

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